Es ist mal wieder so weit. Überall in den Feldern sieht man Hasen. Sie laufen oftmals zu fünfen hintereinander her, prügeln sich, dass die Wolle nur so fliegt, flitzen was das Zeug hält, und schlagen Haken, dass es eine Freude ist ihnen dabei zuzusehen. Ihre ersten Jungen, drei bis fünf Häschen, wurden schon im März geboren. Sie kamen voll behaart und sehend zur Welt. Drei Tage lang saßen sie zusammen in einem Hasennest. Dann wurden sie selbstständig und verließen, jedes in eine andere Richtung hoppelnd, ihre Kinderstube. Nach vierzig Metern sucht sich ein jedes Häschen ein sicheres Versteck. Es wird dabei von seiner Mutter ständig über einen Sicht-, Duft-, oder Hörkontakt beobachtet.
Einmal je Nacht, kommt die Hasenmama und öffnet ihre Milchbar. Sonst sind die Häschen völlig allein.
Wehe, es nähert sich ein beherrschbarer Feind. Sofort saust die Häsin zu ihm und verteidigt ihre Jungen bis aufs Blut.
Die Häsin und eine Rabenkrähe
Ich saß an einem Vormittag der Osterwoche an einer Wiese in Gladbeck-Rentfort an. Dort wollte ich die Tiere, ob Hase, Reh oder Fasan, beobachten und eventuell auch fotografieren.
Plötzlich ruderte eine Rabenkrähe auf die Wiese zu. Das Gras der Wiese war schon so hoch, dass sich in ihm eine Krähe nahezu vollständig verstecken konnte. Sie landete und begann sofort, mit nickendem Kopf, die Wiese abzusuchen. Auch sie hatte mittlerweile Junge im Nest, die zu versorgen waren.
Sofort sauste eine Häsin in wahnsinniger Geschwindigkeit auf den Vogel zu, der sich durch einen Blitzstart in Sicherheit bringen wollte. Die Häsin erreichte ihn noch mit einem kühnen Sprung in die Luft und stieß ihm dabei derart ins Gefieder, dass die Federn flogen und die Krähe sich fast überschlug. Entsetzt und laut plärrend, suchte sie das Weite. Nun erst hoppelte die Hasenmutter langsam wieder zu ihrem Ruheplatz zurück, von dem aus sie ihre Jungen gut mit Auge, Nase und Löffeln beobachten konnte. Von wegen, Angsthase. Die Häsin hat gezeigt, dass sie ein großes Kämpferherz besitzt. Sie schützte ihre Jungen mit vollem Einsatz und großem Risiko.
Erlebnisse dieser Art hatte ich mehrfach in meinem Jägerleben. Diesen Einsatz der Häsin werde ich aber nicht vergessen.
Was kann man daraus lernen?
Jungwild ist niemals einsam. Die Mutter ist immer in der Nähe. Nur wenn ein Mensch kommt, oder ein Hund sich nähert, zeigt sie sich nicht. Diese Gegner sind ihr zu gefährlich. Daher ist es wichtig, Jungwild, wo immer man es findet, nicht anzufassen und es nicht retten zu wollen.
Liebe Leser dieser Internetseite
Nehmen sie in solch einem Fall ihren Vierbeiner an die kurze Leine und beobachten sie das weitere Geschehen aus sicherer Entfernung, eventuell mit dem Fernglas.
Tiere vereinsamen zumeist erst, wenn wir unserem mütterlichen Schutzinstinkt folgen und sie anfassen, wenn wir sie zu „retten“ versuchen.
Das Heruntertreten der Tarnung rund um den Fundort und das Verbiegen von Ästen, rund um das gefundene Tier, sind unbedingt zu vermeiden. Feinde der Tierkinder sollen nicht durch unsere Unachtsamkeit auf die Jungtiere aufmerksam gemacht werden. Da die Tiermütter ihre Kinder bei anhaftendem menschlichem Geruch nichtmehr pflegen, bringen wir die Kleinen mit unserem Verhalten in Lebensgefahr.
Ein warnendes Beispiel ist der Wolfswelpe aus Hünxe, der von Bottroper Spaziergängern gefunden und nach Hause mitgenommen worden ist. Erst ein Tierarzt erkannte in dem vermeintlich ausgesetzten Hundewelpen einen Wolfswelpen. Die Fachleute setzten den jungen Wolf nach einer ärztlichen Untersuchung wieder aus. Ob er von seinen Eltern gefunden und aufgenommen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
Die Wolfseltern waren jedenfalls nicht in der Nähe, sonst wäre der Fund des Welpen sicherlich nicht so glimpflich ausgegangen.
Was hat der Hase mit Ostern zu schaffen?
Ostern, das Auferstehungsfest Christi, wird in unseren Landen immer mit dem Mümmelmann in Verbindung gebracht. Schon in heidnischer Zeit galten Hasen als Boten der germanischen Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin Ostara. Wahrscheinlich ist unser heutiges Wort Ostern auf den Namen dieser Göttin zurückzuführen.
Da der Hase viermal im Jahre drei bis fünf Junge bekommt, ist seine Vermehrungsrate sprichwörtlich. Deswegen wurde er schon in grauer Frühzeit zum Fruchtbarkeitssymbol unserer Vorfahren.
Zu den vielen österlichen Bräuchen, die wir kennen, gehören das Eiermalen und das Eiersuchen. Der Osterhase färbt in seinem Atelier die Eier bunt und versteckt sie, für alle Kinder unter acht Jahren, in Haus und Garten. Den Osterhasen dabei zu beobachten, ist äußerst schwierig. Es ist nur wenigen Menschen gelungen, den braunen Schnellläufer bei der Erledigung seines Ostergeschäftes zu beobachten. Ein ungetrübter Blick fehlt allen Kindern mit einem Alter von acht Jahren und mehr. Jüngere Kinder sehen mit ihren Augen und ihrem Herzen. Sie haben noch einen ungetrübten Blick. Nur solchen Kindern, erlaubt der Osterhase ihm beim Verstecken der bunten Eier, zuzuschauen.
Dazu eine kleine Geschichte
Auch ich war einmal jung und hatte als Papa eine vierköpfige Rasselbande zu versorgen. Als die Ostertage sich näherten, schwoll mir der Kamm. „Dieser dumme Hase kommt mir nicht mehr ins Haus!“, rief ich. „Jedes Mal verschmutzt er die ganze Wohnung mit seiner Hasenspur. Er soll sich doch seine Pfoten auf dem Abtreter abputzen. Mama hat am Karsamstag mit dem Putzen des Hauses genug zu tun. Noch einmal Putzen, darauf kann sie sicherlich verzichten!“ und ich sagte weiter:
„Ich lege jetzt einen Brief an den Osterhasen vor die Haustür. In ihm bitte ich den Herrn der bunten Eier, sich die Pfoten abzuputzen!“.
Was soll ich euch nun sagen, Mümmelmann hatte den Brief offensichtlich nicht gelesen. Am nächsten Morgen fand man seine schmutzigen Hasenspuren, neben vielen Ostereiern, überall im Wohnzimmer unseres Hauses.
Das sollte sich im nächsten Jahre ändern.
Wieder kam der 1. Ostertag und wieder trieb mir der Gedanke an den Hasen die Zornesröte ins Gesicht. Dieses Mal sollte es ihm an den Kragen gehen. Wozu bin ich denn Jäger? – Und einen guten Festtagsbraten würde der Kerl allemal abgeben.
Meine Kinder bettelten: „Papa, Papa, tu dem lieben Osterhasen doch nichts!“ Aber, das Maß war voll. Bewaffnet mit meiner Flinte legte ich mich im Wohnzimmer auf die Lauer, um dem Übeltäter den Garaus zu machen.
Plötzlich war alles ruhig im Haus. – „Komisch, sollten die Kinder schon eingeschlafen sein?“, dachte ich.
Meine Frau kam, brachte mir noch einen heißen Tee und ging dann ins Schlafzimmer. – Es war eigenartig. – Meine Augen fielen mir zu. Ich wurde sehr müde und schlief in meinem Sessel ein.
Doch dann sprang ich aus meinem Sitzversteck. Mit großem Gelächter hatten mich meine Kinder geweckt. „Na, du Hasenjäger? Den Osterhasen hast du wohl verpennt!“, riefen sie. Ich musste mich zuerst einmal neu sammeln.
Überall sah ich bunte Ostereier. Der Fußboden war mit Spuren des Osterhasen übersät und was soll ich euch sagen? – Direkt vor meinem Sessel hatte doch der Hase vierzehn Hasenköttel, pardon Hasenrosinen, hinterlassen.
Meine Kinder lachten sich halb schief und ich habe es seitdem unterlassen, den Hasen bei seinem Ostergeschäft zu stören. Übrigens: Die Familienbande, meine Frau und die Kinder, hatten mir absichtlich einen heißen Tee gereicht. Der ganze Verein wusste, dass ich von ihm immer sehr schnell müde wurde und einschlief. Wer weiß, ob ich den Osterhasen ohne diesen heißen Tee nicht doch noch erwischt hätte?
Allen Lesern wünsche ich ein frohes Osterfest und allen Kindern viele bunte Ostereier.
Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)
Ohne Quellenangaben
Bildnachweis:
- DSC_9497: Gerd Tersluisen