Im Moment sitze ich hier an meinem PC und befasse mich mit den Berichten zu „Der Wildhüter“ Heft 4. Gut, dass es Herrn Pieper gibt. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich den Abgabetermin verpasst.
Mein Blick wandert in den Innenhof unseres Hauses. Vor dem Fenster meines Arbeitszimmers habe ich einen sehr großen Blumenkübel mit einem weißen und einem rosafarbenen Sommerflieder (Buddleja davidii) bepflanzt. Seine Zweige müssen mittlerweile regelmäßig gekürzt werden. Der Wind würde sonst Pflanze und Topf umwerfen. Dieser etwa 1,50 m hohe Busch hat mich in diesem Sommer oftmals mit besonderen Gästen erfreut. Meine Nachbarn besitzen an der Ostwand unseres Hauses einen 3,50 m hohen rosafarbenen Sommerflieder. Damit mauserten wir uns zu einem kleinen Versorgungspunkt für Schmetterlinge und Insekten. Die bunten Geschöpfe schienen trunken zu werden, so intensiv besuchten sie diese gastliche Stätte. Aber erst die ständige Beobachtungs-möglichkeit, während meiner täglichen Arbeit, gab mir die Möglichkeit die Vielfalt der Besucher dieses Busches zu erkennen und zu bestaunen.
Zu Beginn der Blüte erschienen „nagelneue“ Zitronenfalter(Gonepteryx rhamni), die in Ihrem Kleid noch jungfräulich wirkten. Diese Falter gehören zu den bekanntesten Sommervögelchen, da sie als Schmetterling überwintern. Sie fliegen schon im Vorfrühling aus ihrem Winterversteck, wenn an schattigen Stellen noch Schneereste liegen. Mit ihnen beginnt der Frühling. Nach ca. 14 Tagen verfallen sie in eine Sommerstarre, die mehrere Wochen anhält. Dann zeigen sie sich abermals und besuchen, wie in diesem Jahr, unseren Flieder.

Die buntesten und nach meinem Dafürhalten eindrucksvollsten Falter, besuchten uns massenhaft. Da erschienen die wunderschönen Tagpfauenaugen (Inachis io), die in kurzen Abständen ihre Flügel auf und zu klappten.

Offensichtlich diente dieses Verhalten der Feindvermeidung. Ständig blitzten die großen Augen auf den Flügelinnenseiten auf und verwirrten mögliche Fressfeinde. Kein Falter zeigt so schöne ineinander verlaufende Farben, wie dieser Schmetterling. Da er aber so häufig ist, wird er kaum noch registriert. Die Schmetterlinge sind in ganz Europa und Teilen Asiens, einschließlich Japans, bekannt. Sie bieten unterschiedliche geographische Formen. Ähnlich wie andere Arten, bildet das Tagpfauenauge auch in unseren Breiten abweichende Formen, die auf Temperaturschwankungen während der Puppenphase zurückzuführen sind. So sah ich viele große und einzelne sehr kleine Schmetterlinge. In der Natur können wir sie fast das ganze Jahr über antreffen. Sie überwintern auf Dachböden, in Kellern, Höhlen und ähnlichen versteckten Stellen. Zeitig im Frühjahr beginnen sie mit ihrem Flug. Die wichtigsten Futterpflanzen ihrer Raupen sind der Hopfen und die Brennnessel. Auf die Unterseite ihrer Blätter legt das Weibchen seine Eier. Das Eistadium dauert etwa eine Woche, dass der Raupe zwei bis drei Wochen und das Puppenstadium zehn bis vierzehn Tage.
Übrigens: Die Feindvermeidung klappt nicht immer. Vor Jahren fand ich unter einem Sommerflieder viele Flügel von Tagpfauenaugen und Weißlingen. Ich setzte mich still vor den Busch und ertappte eine Kohlmeise, die den Bogen raus hatte und den Busch regelmäßig nach diesen Faltern absuchte.

Ähnlich geht es dem herrlichen Admiral (Vanessa atalanta). Er gehört zu den verbreiteten Tagfaltern. An unserem Sommerflieder ließ er sich von Mai bis zum Ende der Blütezeit im August regelmäßig sehen. Man beobachtet ihn aber vor allen Dingen im Herbst auf Fallobst und an den Stämmen von Obstbäumen. Süßer Obstsaft hat es ihm angetan. Er gehört zu den Wanderfaltern, die im Frühjahr von Süden nach Norden und im Herbst von Norden nach Süden fliegen.
Während uns früher die Falter aus dem Mittelmeerraum besuchten, hat sich ihr Wanderverhalten nunmehr regional umgestellt. Die Falter des Mittelmeerraumes wandern nur noch innerhalb dieses Raumes. Bei uns hat sich mittlerweile eine Population etabliert, die nach Norden bis England und Irland wandert und im Spätherbst wieder nach Mitteleuropa zurücksegelt.
Die Raupen des Admirals findet man einzeln überwiegend in eingerollten Blättern der Brennnessel.
Die bekannten Wanderfalter leben in Wäldern, landwirtschaftlich genutzten Flächen, aber auch in Gärten und im Siedlungsgebiet. Wir freuen uns immer wieder über den Besuch dieser wunderschönen Sommervögelchen.
Ein weiterer seltener Gast unseres Sommerflieders war der Distelfalter (Vanessa cardui)

Dieser Schmetterling gehört zu den bedeutendsten Wanderfaltern. Er ist auf der ganzen Welt bekannt, mit Ausnahme Südamerikas.
Sein Lebensraum sind Felder, Steppen und Wiesen. Wälder meidet er. Er kommt bis April zu uns und ist bis in den Spätsommer hinein zu beobachten. Die Futterpflanze seiner Raupe ist die Distel. Auf ihr legt der Schmetterling seine Eier einzeln ab, aus denen dann die Raupen schlüpfen.
Ein kleiner Falter, dessen Unterflügel auf der Außenseite bei Bewegung silbern aufblitzte, erregte meine ganze Aufmerksamkeit. Ihn hatte ich in meinem Leben noch niemals gesehen.
Der Kleine Perlmutterfalter) (Issoria lathonia) besuchte unseren Schmetterlingsstrauch. Schnell ging ich ins Wohnzimmer. Dort hatte ich seit geraumer Zeit meine Kamera und meinen Zielstock, den ich als schnell aufgestelltes Stativ nutze, abgelegt. Vorsichtig schlich ich mich hinaus und machte ein paar Aufnahmen dieses Falters, dessen Namen ich aber noch nicht kannte.
Das unten genannte Bestimmungsbuch half mir dabei die offenen Fragen zu beantworten.
Der kleine Perlmutterfalter ist mit keiner anderen Art zu verwechseln, denn er hat an der Unterseite seiner Hinterflügel Perlmuttermakel in charakteristischer Anordnung. Er ist der Falter der Felder, Wiesen und Steppen und fliegt vom Frühjahr bis in den Herbst. In den Bergen steigt er bis auf eine Höhe von 2500 m. Er gehört zu den Wanderfaltern, dessen Heimat die Landschaft um das Mittelmehr herum bildet. In Mitteleuropa ist er überall häufig zu finden.
Ein weiterer Besucher unseres Schmetterlingsstrauches war der C-Falter (Polygonia c-album), auch Weißes C oder C-Fuchs genannt.
Er trägt auf der Außenseite seiner Hinterflügel einen weißen Fleck, der in seiner Form einem C ähnelt. Die Gestalt dieses Makels ist aber so veränderlich, dass eine große Zahl abweichender Formen genannt wird. Kenntlich ist der C-Falter an den völlig „zerrissenen“ Flügelbegrenzungen. Er ist der Meister der Tarnung. Bei zusammengefalteten Flügeln ist er in einer Hecke, die er gerne als Aufenthalt nutzt, kaum zu finden. Die Futterpflanzen seiner Raupen sind Brennnessel, Hopfen, Ulme, Haselstrauch, Stachelbeere und Johannisbeere.
Die Sensation unter den Sommervögelchen, die uns besuchten, war der Schwalbenschwanz (Papilio machaon).
Es riss mich direkt vom Hocker, dass dieser Falter, hinter dem ich schon 5 Jahre her jagte, sich vor meinem Fenster zeigte. Ich kannte ihn von den Halden des Ruhrgebietes. Dort flog er über die Trockenrasen und sammelte auf den blanken Steinen der Haldengipfel die Sonnenenergie für seine sehr schnellen Flugspiele. Zu Diazeiten gelangen mir schon öfter einige Aufnahmen dieses großen und wunderschönen Tagfalters. Und nun kam er höchst persönlich zu mir.
Blitzschnell sauste ich ins Wohnzimmer, griff meine Kamera und…….weg war er. Mit kühnem Schwung verließ er unser Atrium, bevor ich die Wohnzimmertür überhaupt geöffnet hatte. …Mist!
Am folgenden Tag führte ich Quintus, meinen Teckel, zum Lesen seiner Dackelzeitung (zum Gassigang) durch die Haustür. Ein Blick nach Osten warf mich fast um. Dort lugten einige Zweige des Schmetterlingsstrauches unserer Nachbarn um die Hausecke. Auf ihnen saß, oder flatterte, mein Freund vom Vortage. Sofort jagte ich ins Wohnzimmer, schnappte meine Kamera und pirschte mich vorsichtig an den Schwalbenschwanz heran. Es gelang. Da unser Grundstück ca. 1,0 m tiefer als das der Nachbarn liegt, konnte ich von unten gegen den blauen Himmel fotografieren. Herz, was willst du noch mehr?
Ständig flatterte der Falter, denn er konnte sich aufgrund seines Gewichtes unter den Blütenrispen, aber auch rechts und links von ihnen, nicht ohne ständige Bewegung seiner Flügel halten. Nur auf der Blüte standen seine herrlich gezeichneten Flügel still.
Mir gelang eine interessante Fotoserie des Schmetterlings. All meine Wünsche gingen in Erfüllung.
Dann aber verschwand der Falter und zeigte sich den ganzen Sommer über nicht mehr.
Dieser wunderschöne Schmetterling gehört zu den bekanntesten Arten von Tagfaltern in Europa. In den letzten Jahren verzeichnete aber auch diese Art allgemein einen deutlichen Rückgang.
Er ist bei uns „Aktuell gefährdet“.
In den Alpen findet man ihn bis auf eine Höhe von 2000 m.
Die Futterpflanzen seiner schön gezeichneten Raupen sind, Fenchel, Möhren, Dill, Sellerie, Petersilie und eine Reihe weiterer Doldenpflanzen.

Den Abschluss des heutigen Berichtes über die „Sommervögelchen“ bildet das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum), das uns auch in diesem Jahr an einem Tag besuchte und erfreute. Der kleine Schwärmer, der um die Mittagshitze im Schwirrflug vor einer Blüte verharrt und fast augenblicklich die nächste anfliegt, wird von vielen, die ihm das erste Mal begegnen, für einen Kolibri gehalten. Er gehört zu den anerkannten Migranten. Sein Lebensraum, in unseren Breiten, sind die Länder rund ums Mittelmeer. Der Falter wurde schon im 19. Jahrhundert bei uns beobachtet und beschrieben, trat aber immer nur in wenigen Exemplaren auf. Die Taubenschwänzchen fliegen im Hochsommer traditionell aus dem Mittelmeerraum ein. Die Überwinterung des behaarten Schwärmers erfolgt als Falter. Der Schwärmer übersteht nur sehr geringe Frosttemperaturen. Offensichtlich ist er ein Gewinner des Klimawandels. Der bringt milde Winter mit, sodass das Taubenschwänzchen gut durch den die kalte Jahreszeit kommt und man es nunmehr häufiger beobachten kann. Während des schnellen Fluges helfen ihm außer der aerodynamischen Körperform auch die Schweifschuppen am Hinterleib. Die haben eine ähnliche Aufgabe wie die Schwanzfedern von Vögeln. Sie stabilisieren den Flug und führten zur Namensgebung.
Auch besuchte uns der Fiesling unter den Schmetterlingen, der Buchsbaumzünsler.

Er ruinierte im letzten Jahre zwei stattliche Buchsbaumkugeln, die rechts und links unseres Eingangs stehen. Selbst ein radikaler Rückschnitt rettete die Kugeln nicht. Nach erneutem Austrieb wurden sie wieder von diesem Falter heimgesucht. Ich werde sie nunmehr ersetzen. Jetzt ließ sich der Nachtfalter aber von mir auf dem Schmetterlingsstrauch fotografieren. Er wurde aus Asien eingeschleppt und hat sich zum Schrecken aller Gartenbesitzer gemausert.
Viele weitere Falter, besonders die unterschiedlichsten Weißlinge, rundeten das Bild der Besucher, die sich zu einem Gelage am Schmetterlingsstrauch einfanden, ab.
Ich vermisste Falter, die in meiner Jugend recht häufig waren, den Kleinen und den Großen Fuchs. Wo sind sie nur geblieben? Ich habe sie schon viele Jahre nicht mehr beobachten können.
Ich empfehle allen, die sich für die flatternden Schönheiten der Natur begeistern, einen Schmetterlingsstrauch vor ihrem Büro- oder Küchenfenster. Das Brummen und Summen, das Flattern und Segeln kann man dann bequem vom Arbeitsplatz aus beobachten und Sie werden staunen, welche Falter- und Insektenarten ihren angebotenen „Mittagstisch“ nutzen, Ja, es macht jedem Jäger und Naturliebhaber einfach Freude, der bunten Vielfalt der Sommervögelchen zuzusehen.
Ihr Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)
Quelle: Schmetterlinge Tagfalter (1987) Lingen Verlag Köln