„Alle Vögel sind schon da, alle Vöglein alle.“
Dieses Kinderlied kennt jeder von uns. Wie haben wir uns damals gefreut, nach langem, grauem Winter, endlich wieder einmal unsere gefiederten Sänger zu sehen und ihre Stimmen zu hören. Heute fürchten wir beinahe ihre Rückkehr. Die Vögel könnten doch wieder einmal die Vogelgrippe einschleppen, eine Krankheit, die die Geflügelbestände unserer industriellen Hühner-, Enten- und Gänsezucht empfindlich treffen würde. Wir kannten keinen Fuchsbandwurm, Zecken hatten wir massenhaft und man glaubt es kaum, wir haben überlebt. Wir jagten nicht mit Schutzhandschuhen und FFP 2 Masken und schleppten nach jedem großen Kesseltreiben das erlegte Wild mit bloßen Händen zum Streckenwagen.
Das Aufbrechen eines gestreckten Stückes Schalenwild fand sofort am Erlegungsort statt, und zwar mit bloßen Händen. Das alles ist heute beinahe undenkbar.
Zurzeit wird in NRW vor der Tularämie, der Hasenpest gewarnt. Von dieser Krankheit hörte ich 1963 das erste und letzte Mal. Damals bereitete ich mich auf die Jägerprüfung vor. Die Warnung ist jetzt in der Welt und sollte daher nicht ignoriert werden. Wie man mit ihr umgeht, erfahren Sie in einem gesonderten Artikel dieser Internetseite.
Doch wenden Wir uns jetzt erfreulicheren Dingen zu.
Die Blattzeit steht vor der Tür und damit, zumindest für mich, die schönste Zeit des Jagdjahres. In ihr wird dem Blattenden die ganze Palette jagdlichen Könnens abverlangt. Bevor aber der Rehruf eingesetzt werden kann, sind noch einige Fragen zu beantworten.
Haben Sie im April die Fege- und Plätzstellen der Böcke gesucht und deren Einstände in eine Revierkarte eingetragen? Haben Sie schon kleine Rufstände und niedrige Ansitzböcke an ausgewählten Stellen aufgestellt? Haben Sie Kontrollschüsse mit Ihrer Waffe durchgeführt?
Haben Sie im Mai den Abschuss von Jährlingsböcken (Kümmerern) und Schmalrehen durchgeführt, oder haben Sie sich um den Alten von der Grenzwiese gekümmert? Alte Böcke müssen bis zur Blattzeit geschont werden, sonst können Sie die Jagd mit dem Rehruf vergessen. Die Rufstände müssen aufgebaut werden, die Pirschwege zu ihnen sind anzulegen.
Im Monat Juni sollten Sie das Blatten üben und zum Monatsende neue Fegestellen suchen.
Der Monat Juli wird spannend. Die Vorbrunft beginnt in der Regel um den 20. des Monats. Blatten mit dem einfachen Standortfiep kann sich lohnen. Die Hochbrunft läuft in der Regel zwischen dem 27. Juli und dem 3. August ab. In dieser Zeit sollte nicht geblattet, sondern nur beobachtet werden.
Vom 3. bis zum 15. August (mitunter auch länger) haben wir die beste Rufzeit und die größten Aussichten auf Erfolg.
Wer vielen Böcken mit Waffe und Kamera nachstellen durfte, weiß den Reiz dieser Art der Jagd zu schätzen. Das Erscheinen des reifen alten Bockes, teilweise drei Meter vor dem Rufstand, ist höchstes jagdliches Glücksgefühl. Wenn Sie dieses Erlebnis mit einer guten Trophäe, oder einigen tollen Aufnahmen speichern können, ist Ihr Glück perfekt.
Ihnen allen wünsche ich spanende und erfolgreiche Rufjagdtage, Genießen Sie die schönste Zeit des Jagdjahres.
Waidmannsheil
Ihr Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)
Quelle: Marek, „Blattjagd von A – Z“, Pirsch, Niedersachsicher Jäger und Unsere Jagd.
Bildnachweis:
- DSC_8383: Gerd Tersluisen