Illustration von Wolf und Hirsch im Schnee vor Berglandschaft

Quo vadis?

Unter dieser Überschrift folgte in Düsseldorf, am 26.01.2017, ein bemerkenswerter Vortrag durch Herrn Helmut Dammann – Tampke, Präsident des Landesjagdverbandes Niedersachsen, MdL Niedersachsen und Agrarpolitischer Sprecher der CDU seines Bundeslandes.
Um es vorab zu sagen: Der Vortrag war aussagekräftiger und besser, als alles, was mir bisher zum Thema Wolf untergekommen ist. Ich werde aus diesem Grunde versuchen den Inhalt mit meinen Worten wieder zu geben.

Niedersachsen hat seine Bevölkerungszahl von ursprünglich 2 Millionen auf nunmehr 18 Millionen Menschen gesteigert. Parallel dazu musste sich die Wohn- und Arbeitssituation der Bevölkerung ändern. Niedersachsen (NI) ist ein waldarmes landwirtschaftlich geprägtes Land.

FFH-Richtlinie aus dem Jahre 1992

Im Jahre 1992, wurden die FFH-Richtlinien (Fauna-Flora-Habitat Richtlinien) als grundsätzliches Regelwerk der EU im Bereich des Naturschutzes, geschaffen. Diese Richtlinien sind bindend für alle Mitglieder der EU. Sie sichern die Artenvielfalt (Biodiversität) auf europäischer Ebene und fordern lebensfähige stabile Populationen
der Arten. Dazu zählt auch der Wolf.

Seit der Jahrtausendwende wurde der Wolf, aus Polen kommend, in Deutschland wieder heimisch. Erst erfolgten die Meldungen über Sichtungen des Wolfes sporadisch, dann vermehrten sie sich sehr schnell.
Als man erkannte, dass der Wolf sicherlich auch in Niedersachsen zu erwarten sei, fuhren Jäger des LJV NI unter Leitung des Vortragenden nach Sachsen und ließen sich dort die Dynamik der Wiederbesiedlung durch Isegrim mit aller Deutlichkeit vor Augen führen.

Erkenntnisse aus dieser Reise

Als Erkenntnis aus dieser Reise brachte die Gruppe folgende Ergebnisse mit:

  1. Sachsens Jäger sitzen vollkommen außen vor. Sie sind frustriert. Sie sind nicht mehr Herren ihrer Reviere. Ohne zu fragen kann jeder bei Tag und Nacht in ihren Revieren herumstiefeln und tun und lassen was er will, wenn er nur vorgibt sich um den Wolf zu kümmern.
  2. Der Wolf wird nach Niedersachsen kommen.
  3. Der Wolf wird zuerst die großen und menschenleeren Heideflächen besiedeln, Flächen in denen er nicht von Mountainbikern, Spaziergängern, Geocachern und ähnlichen gestört wird.
  4. Es wird zu Übergriffen auf Nutzvieh kommen.

Man begann sofort, sich aktiv auf das Kommen des Wolfes einzustellen.
Eine Person wurde extra vom LJV NI eingestellt, um sich den Problemen der Ausbreitung Isegrims zu stellen.

Kooperationsvertrag mit dem Ministerium

Es wurde ein Kooperationsvertrag mit dem Umweltministerium in Niedersachsen geschlossen. In ihm übernahm die Jägerschaft das Wolfs-Monitoring. Damit blieben sie Herren im eigenen Revier. Der LJV NI ist, anders als der LJV NRW, ein anerkannter Naturschutzverband. Das öffnete die Türen für solch einen Vertrag sofort.
Ziel war es eine allgemeine Akzeptanz des Wolfes mit Blick auf die Belange der Bevölkerung zu erreichen.
Und dann kam der Wolf.
Alle auf der Exkursion nach Sachsen gemachten Erkenntnisse stellten sich ein, nur viel schneller als erwartet.
Die Populationsdynamik wurde anhand der Abschusszahlen des Waschbären und des  Marderhundes, beides Neozonen, für den Bereich Niedersachsen dargestellt. Beide Arten dümpelten mit unbedeutenden Abschusszahlen vor sich hin, um dann innerhalb  kürzester Zeit auf 12000 Waschbären und 3000 Marderhunde hochzuschnellen.
Die Entwickelung des Wolfsbestandes vollzog sich mit gleicher atemberaubender Geschwindigkeit. Der Wolfsbestand verdoppelte sich alle drei Jahre

Mit der Akzeptanz, vor allen bei Jägern und Bauern, gab es einige Probleme

Herr Dammann-Tamke hat die abenteuerlichsten, aber nie bewiesenen Thesen zum Auftreten des Wolfes vernommen. Das ging von Kofferraumwölfen, über Wölfe aus Freigehegen,  bis hin zu Wölfen und Luchsen die in einem Viehtransporter, in zwei Etagen übereinander, aus Bulgarien und Rumänien eingeschmuggelt worden wären.
Das sei alles Quatsch. Diejenigen die so etwas behaupten sind den Beweis für ihre Thesen immer schuldig geblieben. Sie hätten sich offensichtlich nie mit der Biologie des Wolfes auseinander gesetzt.

Der Wolf wird als prioritäre Art geführt. Er genießt somit den höchsten Schutz.  Seine Reviergröße beträgt zwischen 200-300 Km². Ein Rudel besteht aus den zwei Elterntieren, den diesjährigen und den letztjährigen Welpen. In einem Alter von 11 – 28 Monaten wandern die jungen Wölfe ab. Der Wolf lebt streng territorial. Der letzte heimische Wolf wurde in Deutschland im Jahre 1904 erlegt.

Seit 1990 kam es  zu Einzelbegegnungen mit Wölfen in Deutschland. Seit dem Jahre 2000 bestätigte man das 1. Rudel in der Lausitz. Im Jahre 2005 existierte ein 2. Rudel in Deutschland. Im Jahre 2013 waren das schon 28 feste Rudel. Für das Jahr 2016 werden mittlerweile 68 Rudel gezählt.

Frau Barbara Hendricks, Bundesministerin für Umwelt- und Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, hatte am 23.01.2017, in der Sendung „hart aber fair“ der ARD, die Zahl der Rudel mit 48 angegeben. Sie operierte mit Zahlen aus dem Jahre 2015. Das wurde von ihr verschwiegen.  Politiker sind, wenn es der Sache dient, manchmal etwas ungenau.
In Niedersachsen existierten im Jahre 2016 10 Rudel mit 37 Welpen. Ohne einen Verlustanteil von 1/3 bei den Welpen, gäbe es in Niedersachsen schon 12 Wolfsrudel. Wenn man berücksichtigt, dass diese Entwickelung im Jahre 2010 begann, hat man eine Vorstellung von der ungeheuren Dynamik der Ausbreitung Isegrims.

Wolfsmonitoring

Für Niedersachsens Jäger ist es sehr wichtig am Wolfsmonitoring teilzunehmen und jede, aber auch wirklich jede Beobachtung zu melden.

Fährte des Wolfes

Die Fährte eines Wolfes ähnelt der des Schäferhundes. Wenn diese Fährte auf mindestens 100 Metern verfolgt werden kann und sie dabei dem Fährtenbild eines schnürenden Fuchses gleicht, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen oder mehrere Wölfe.

Losung des Wolfes

Die Losung ähnelt der eines Hundes, allerdings enthält sie Knochenteile, Borsten und Haare. Bei einem solchen Befund handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um Wolfslosung. Merke: Hundefutter aus der Dose hat weder Knochen, noch Haare.

Gefundene Wolfsrisse

Gefundene Risse sind von großer Bedeutung. Würgemale am Träger des Opfers, aufgerissene Bauchdecke und herausgezogener Pansen weisen auf Wölfe hin. Wölfe lassen im Gegensatz zu Hunden den Pansen unberührt.
Während unsere Hunde sich auf Pansen in jeder Form stürzen, mögen die Wölfe ihn offensichtlich nicht.
Bei Bissverletzungen in den Keulen des Stückes liegt der Verdacht auf einen Hunderiss nahe.

DNA-Nachweis

Ein DNA-Nachweis ist sehr zeit- und kostenaufwendig. Er kann über Haare und Speichel, bei Speichel aber nur bis spätestens 24 Stunden nach dem Riss, geführt werden.

Stehende oder bewegte Bilder

Nachweise mit Fotos oder Filmen sind von großer Bedeutung. Sie müssen allerdings Isegrim überprüfbar darstellen.
Das Melden dieser Beobachtungen ist dringend erforderlich. Nur über gesammelte Zahlen kann politisch operiert werden.

Das Cuxhavener Rudel

Diese mittlerweile gesammelten Beobachtungen zeigen das völlig unerwartete Verhalten eines Rudels und einer Einzelwölfin in Niedersachsen.
In Cuxhaven existiert mitten im waldlosen Feld ein Wolfsrudel, das man als „Kulturfolger“ bezeichnen kann. Kein Zaun ist ihm zu hoch oder zu tief in den Boden eingelassen. Es gibt massenhaft Übergriffe auf Nutztiere. Das Rudel hat es herausgefunden, dass man Rinder oder Kühe nur in einen Graben treiben muss, um sie zu erlegen.

Die Goldenstetter Wölfin

Der Goldenstetter Wölfin, einem Einzeltier, konnte man bis heute 47 Nutztierrisse nachweisen.
Diese Wölfin hat dem Projekt Wolf den bisher größten Schaden zugefügt.

Halter gerissenener Tiere trifft immer die Schuld

In den Augen des Naturschutzes ist immer der Halter der Tiere schuldig. Entweder sind die Zäune zu niedrig oder nicht tief genug in den Boden eingelassen. Wenn diese Argumente nicht ziehen, sind die Schutzhunde noch nicht vollständig ausgebildet.

Der Wolf und seine Wanderungen

Man hat in der Lausitz einen Wolf besendert, der in 4,5 Monaten sage und schreibe 1500 km zurückgelegt hat. Seine Fährte verliert sich im Baltikum. Dort ist er offensichtlich, völlig legal, erlegt worden. Die baltischen Staaten wurden von der Schonung der Wölfe ausgenommen. In ihren Ländern war der Stammvater unserer Hunde immer heimisch. Die Population konnte dort als stabil betrachtet werden.
An diesem Beispiel erkennt man gut, dass der Wolf überall auftauchen kann.
Eines der ersten Rudel in Munster, wurde offensichtlich durch Soldaten angefüttert.
Man konnte die Wölfe auf Straßen mitten im Dorf und am hellen Tag filmen. Eine kurze Filmsequenz zeigte einen Wolf, der am Straßenrand in 20 Metern Entfernung vor einem geparkten Fahrzeug verhoffte. Nach längerem Sichern trabte er unmittelbar an dem Fahrzeug vorbei, machte dabei jedoch einen kurzen Ausfallschritt. Das sollte offensichtlich heißen: „Komm, spiel mit mir“. Im Hintergrund konnte man unmittelbar neben dem Straßenrand eine Miete für Viehfutter erkennen. Das Cuxhavener Rudel riss bisher ein Kalb, 2 Rinder von ca. 250 kg Gewicht, eine hochtragende Färse mit einem Gewicht von ca. 500 kg und zwei Kühe, die in einem Graben getrieben und dort erlegt wurden.

Naturschutz forderte Einzäunung aller Weidetiere

In einem Kreis mit einem Radius von 50 km um den Standort des Cuxhavener Rudels, findet man nur Grünland, aber keinen Wald. Eine wolfssichere Verdrahtung aller Weideflächen wäre hier unbezahlbar und würde riesige Nachteile für den Fremdenverkehr mit sich bringen.
Aus diesem Grunde sind diese Vorschläge des Naturschutzes nicht praktikabel.
Wenn alle Bauern zur gleichen Zeit einen Antrag auf wolfsichere Weiden stellen würden, käme es zu einem Zusammenbruch des Systems.

Wölfe und Weidetierhaltung passen nicht zusammen

Immer wieder werden aus Jägerkreisen Stimmen laut, die den Wolf unter das Jagdrecht stellen wollen. Davor wurde vom Vortragenden eindringlich gewarnt.
Sobald dieser Schritt vollzogen wird, hieße es nicht nur die Vorteile, sondern auch die Nachteile dieser Situation zu übernehmen. Und das überfordert die meisten Geldbörsen der Jagdpächter.
Der Naturschutz hat den Wolf zurückgeholt. Soll er nun auch damit zurechtkommen.
Der Vortragende warnte auch davor, Entnahmen nach behördlicher Anweisung durchzuführen. Das Ministerium ist immer der oberste Dienstherr einer großen Försterschar. Sollen die doch diese Aufgaben übernehmen.

Illegale Wolfsabschüsse

In Cuxhaven hat es auch einen ersten illegalen Wolfsabschuss gegeben. Der Wolf wurde mit starkem Kaliber erlegt und frei sichtbar abgelegt. Damit wollte der Schütze offensichtlich allen etwas sagen.

Abschüsse dieser Art hat es auch in allen anderen Wolfsländern gegeben

Der Vortragende konnte nur eindringlich vor illegalen Wolfsabschüssen warnen. Es sollte sich jeder überlegen, ob er für eine solche Tat bis zu 5 Jahre ins Gefängnis gehen und obendrein den Jagdschein verlieren will.
Übrigens: Wölfe haben immer einen Namen. Wenn sie erlegt werden, eignet sich dieser Umstand für jeden Zeitungsbericht sehr gut. Der Leser kann sich dann mit dem armen Kurti oder Bruno schnell identifizieren. Wir sollten die Namen ihrer Opfer aus gleichem Grunde ebenfalls angeben.

Legale Entnahmen von Wölfen

In Niedersachsen wurde ein verhaltensauffälliger Wolf der Wildbahn entnommen.
Der zuständige und den Abschuss genehmigende Minister erhielt Drohungen der übelsten Art, bis hin zu Morddrohungen. Die Freunde des Wolfes sind da offensichtlich nicht zimperlich.

Nach FFH-Richtlinie geht es nur um Erhaltung der Population

Polen wurde durch Wolfsforscher mit Hilfe einer senkrechten Linie willkürlich mittig geteilt. Im westlichen Bereich lebt, laut Definition der Biologen, eine „Zentraleuropäische Tieflandpopulation“, im östlichen Bereich eine „Baltische Wolfspopulation“. Diese Unterteilung ist, wenn man das Wanderverhalten der Wölfe betrachtet, nicht mehr haltbar. Es fand und findet mit Sicherheit eine Vermischung der Individuen statt, sodass man alle polnischen Wölfe (1000-1300 Stück) und alle deutschen Wölfe zu einer Population zusammenfassen müsste.

Damit erfüllt man die Vorgaben der EU (FFH-Richtlinie). Die Population der polnischen und deutschen Wölfe ist somit als stabil zu betrachten. Es wäre an der Zeit, dass sich nun alle betroffenen Länder zusammensetzten und über das weitere Vorgehen in Sachen Wolf beraten. Dabei sollten sie festzulegen, wieviel Rudel in dieser Population tragbar sind. Bei weiterer Ausbreitung der Wölfe und dem Verhalten des Cuxhavener Rudels ist damit zu rechnen, dass bald der erste Wolf in den gesegneten Nahrungsgefilden unserer Hauptstatt erscheint. Unsere Jagdkollegen im Bereich Munster sind jedenfalls wegen des Wolfsproblems völlig frustriert. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass unser Wild herrenlos ist und wir daher die Schäden des Wolfes am Wildbestand hinnehmen müssen.

Durch Managementmaßnahmen muss dem Wolf gesagt werden:

Halte dich vom Menschen fern! Halte dich von Nutztieren fern!

Alle Zuhörer dankten Herrn Dammann-Tamke für diesen spannenden und aufschlussreichen Vortrag mit anhaltendem Applaus.

Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)