Kastrationspflicht für Katzen! NRW-Tierschützer machen Druck

Katze - Foto: Günther Blaszcyk

Die Stadt Paderborn hatte vor acht Jahren bundesweit den Anfang gemacht: Wer dort Katzen hält, muss sie kastrieren lassen. Und registrieren. Beim Deutschen Tierschutzbund zählt man für NRW derzeit 69 Kommunen, die es Paderborn inzwischen gleichtun – von 398 Städten und Gemeinden. Es könnten aber mehr werden. Das Thema nimmt in vielen Kommunen aktuell wieder an Fahrt auf.

Jüngst hat der Rat der Stadt Essen die Kastrationspflicht beschlossen. Sie gilt vermutlich ab April, der Beschluss soll in Kürze im Amtsblatt veröffentlicht werden. Inhalt sind ein „Auslaufverbot für fortpflanzungsfähige Katzen“ und die Ankündigung der Stadt, „Maßnahmen“ zu treffen. Sollten Freigängerkatzen in einem festgelegten Schutzgebiet aufgegriffen werden, würden sie registriert und, wenn nötig, zwangsweise kastriert.

50.000 verwilderte Katzen in Düsseldorf, 20.000 in Essen
Tier- und Katzenschützer drängen auf solche Regeln, die aktuell zum Beispiel auch in Oberhausen , Düsseldorf und am Niederrhein in der Diskussions sind. Unkontrollierte Katzenpopulationen sind ein Problem. Katzenhalter haben einen großen Anteil daran, dass diese Populationen auch an Rhein und Ruhr weiter wachsen – und Leute, die herrenlose Tiere füttern, sich aber sonst nicht weiter kümmern.

Tierschützer in Oberhausen würden die Kastrationspflicht für Katzen begrüßen. Das Paderborner Modell ist erfolgreich.
Der deutsche Tierschutzbund schätzt bundesweit insgesamt gut zwei Millionen verwilderte Katzen. So werden etwa in Düsseldorf 50.000 verwilderte Katzen geschätzt. In Essen geht man beim dortigen Katzenschutzbund von 20.000 Tieren aus. Die Angaben sind Schätzungen und beruhen auf Tierschützer, die verwilderte Katzen etwa an Futterstellen zählen. Das Problem: un kastrierte Katzen vermehren sich unkontrolliert – eine Katze kann zweimal im Jahr bis zu acht Junge gebären. Verwilderte Katzen führen meist ein elendes Dasein, leiden oftmals Hunger und übertragen Krankheiten, auch an Freigängerkatzen, die unkastriert wiederum tüchtig mithelfen, dass sich Streuner-Populationen ausweiten. „Als Besitzer weiß man ja in der Regel nicht, wo sich seine Katze draußen überall herumtreibt“, sagt eine Tierschützerin.

„Kater-Halter sind sehr häufig verantwortungslos“
„Vielen Katzenhaltern ist nach wie vor nicht bewusst, wie wichtig es ist, die Tiere zu kastrieren“, sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Dabei zeige es sich, dass das auch vom Geschlecht der Tiere abhänge: „Kater-Halter sind sehr häufig verantwortungslos“, beklagt etwa Ruth Kürten vom Katzenschutzbund Essen. Der Grund sei klar: „Ein Kater bringt ja nicht die Jungen mit nach Hause, die er beim Freigang irgendeiner fremden Katze macht“.

Tierheim und Katzenhilfe Niederrhein in Duisburg werben für Kastration freilaufender Katzen. Unkontrollierte Vermehrung führe zu großem Elend.
„Es wäre am besten, wenn die Kastrationspflicht im Bundes-Tierschutzgesetz geregelt würde“, sagt Uwe Olschewski, Leiter des Ordnungsamtes in Paderborn. Das Land NRW schreibt die Kastration ebenfalls nicht vor, gibt den Kommunen aber immerhin die Möglichkeit, sie örtlich zu verfügen. Beim Deutschen Tierschutzbund beklagt man jedoch, dass dadurch „ein Flickenteppich“ entstanden ist. Sich wild vermehrende Katzenpopulationen seien jedoch flächendeckend ein Problem.

Kastrierte Katzen sind auch friedlicher
Katzen zu kastrieren löst dabei mehrere Konfliktfelder, sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund: „Durch die Kastration wird ungewollter Nachwuchs verhindert. Da der Fortpflanzungsdrang und das daraus resultierende Fortpflanzungsverhalten bei Katzen und Katern nahezu ganz wegfällt, werden zudem Streitigkeiten und daraus resultierende Verletzungen bei den Tieren vermieden.“

Um einer Überpopulation vorzubeugen, hat der Umweltausschuss die Kastrationspflicht für Katzen beschlossen. Das geschehe zum Wohl der Tiere.
Eine Kastration ist ein „einmaliger Routine-Eingriff“, erklärt Lea Schmitz, „der von den Katzen normalerweise sehr gut weggesteckt wird“. Als Kosten beim Tierarzt werden laut einschlägigen Quellen meist zwischen 50 und 100 Euro genannt. Das Land NRW gibt auf Antrag Zuschüsse, auch manche Katzenschutzvereine bieten sozial Schwachen Unterstützung an.

„Wir wollen die ‚Denke‘ der Leute verändern“
„Unter Kastration versteht man die chirurgische Entfernung der Keimdrüsen. Beim weiblichen Tier bedeutet dies, dass der Tierarzt die Eierstöcke entfernt. Beim männlichen Tier entfernt der Tierarzt die Hoden“, heißt es beim Deutschen Tierschutzbund. Bei männlichen Tieren sollte der Eingriff je nach Entwicklungsgrad zwischen dem 6. und 9. Lebensmonat erfolgen, bei weiblichen Tieren ab dem 6. Lebensmonat.

Dass bis dato nur in einem kleinen Teil der NRW-Kommunen eine Kastrationspflicht für Katzen gilt, liegt wohl auch am jeweiligen Organisationsgrad örtlicher Tierschützer, glaubt man beim Tierschutzverband. In Paderborn hatte sich die Zahl der Kastrationen, auch durch Katzenhalter veranlasste, in den Anfangsjahren jeweils mehr als verdoppelt. Ohne das Projekt hätte sich zudem, die Zahl der vormals 40.000 Streunerkatzen mittlerweile wohl längst verdreifacht, glaubt Ordnungsamtsleiter Olschewski.

In Paderborn setzt man in punkto „Pflicht“ vor allem auf Aufklärung und Information und die Hoffnung, dass Halter von Freigänger-Katzen einsichtig sind: „Wir wollen die ‚Denke‘ der Leute verändern“, sagt Uwe Olschewski. Eines ist in vielen Kommunen, die dem Beispiel Paderborn bereits folgen, jedenfalls auch zu hören: Kontrollieren lasse sich die Kastrationspflicht so gut wie nicht.

Quelle: derwesten.de – Dagobert Ernst | Foto: