Endlich ist es wieder so weit. In diesem Monat kann man die Rufe ziehender Kraniche über sich hören. Mit ihrem „Krrru, Krrrü, Krrru, Krrrü“ halten die Vögel Kontakt untereinander.
Und dann sehen wir sie, große Vögel mit langen Ständern und langem Hals, die in Keilform nach Osten ziehen. Es sind die Vögel des Glücks.
Jedes Jahr im Februar, überqueren uns die ersten großen Flüge dieser Schreitvögel.
Seit grauer Vorzeit galten sie als Glücksbringer. Sie zeigten als erste, dass die Tage des Winters gezählt waren.
Die Vögel brachten den Gruß einer Jahreszeit, auf die die Menschen sehnsüchtig warteten.
Unsere Altvorderen überstanden den Winter nur mit gepökeltem Fleisch und immer gleichbleibenden Suppen. Zum Haltbarmachen des Fleisches nutzten sie oftmals Salze, die sie von den Wänden der Stallungen kratzten. Diese Ernährung führte unter anderem zu einer Vitamin-Mangelerscheinung, die man an der See „Skorbut“ und auf dem Festland „Scharbock“ nannte. Die Menschen verloren dabei oftmals ihre Zähne. Die frühen Rufe der Kraniche, die im Osten Deutschlands und im Süden Skandinaviens brüten zeigten den Menschen, dass die entbehrungsreiche Zeit langsam der Zeit des Überflusses weichen würde.
Das Scharbockskraut
Das Scharbockkraut, ein gelbblühender Frühblüher wie das Buschwindröschen, wurde von unseren Altvorderen als Vitaminspender gegen den Scharbock genutzt.
Die in Deutschland brütenden Kraniche sind die ersten, die wir auf ihrem Rückflug vernehmen und beobachten können. Kraniche aus kälteren Breiten Europas bis hin zu Sibirien folgen wenige Tage später. Sie unterbrechen ihre Reise in Polen oder Südschweden. In ihren Brutgebieten herrscht noch die Macht des Winters. Aus diesem Grunde haben sie keine Eile mit ihrer Rückreise.
Eine Begegnung mit den Vögeln in Alt-Rentfort
Mir war es vor vielen Jahren einmal vergönnt, in Alt-Rentfort, einem riesigen Schwarm dieser Vögel zu begegnen.
Ich ging am frühen Morgen mit meinem Teckel über den Vossbrink, einem landwirtschaftlichen Privatweg der Fam. Im Winkel. Plötzlich sah ich in einer Entfernung von dreihundertfünfzig Metern einen riesigen Pulk rastender Kraniche auf einer grünen Rapsfläche. Sicherlich vierhundert Kraniche standen dort und stärkten sich für die Weiterreise. Einhundert Meter davon entfernt, bearbeitete ein Landwirt seinen Acker mit schwerem Gerät. Die Kraniche akzeptierten ihn. Er stellte offensichtlich keine Gefahr für sie dar.
Wie immer in solchen Fällen, fehlte mir meine Kamera. Wer denkt im zeitigen Frühjahr denn an eine solche Begegnung?
Plötzlich wurden die Kraniche unruhig und flogen auf. Sie starteten nahezu senkrecht. Wie ein riesiger Bienenschwarm schraubten sie sich in den Himmel. Bei einer geschätzten Höhe von zweihundert Metern lösten sich einzelne Flüge der großen Vögel, bildeten eine Keilform und flogen nach Osten. Ich zählte zweiundzwanzig Flüge der Kraniche, der Vögel des Glücks.
Dieses Spektakel war ungemein beeindruckend.
Ich wünschte den Vögeln einen guten Flug und ein erfolgreiches Brutgeschäft und
allen Naturfreunden, dass sie einmal ein solches Spektakel in freier Natur erleben können.
Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)