Notwendige Lautäußerungen und wie man sie nachahmt.

In diesem letzten Kapitel erfahren Sie etwas über Rotwild, Schwarzwild, viele nicht jagdbaren Wildtiere und wie man sie zum Zustehen veranlasst.

Der Hirschruf

Der Hirschruf wird jedem Jäger als Lockinstrument bekannt sein.

Nur wenige Jäger werden in Ihrem Leben die Möglichkeit haben, in Freiheit lebendes Rotwild zu beobachten und erst recht zu bejagen. Trotzdem scheint der Besitz eines Hirschrufes für jeden Jungjäger Pflicht zu sein. Nicht anders ist es zu erklären, dass er bei einem sehr überschaubaren Bedarf diese Dinger ständig von allen Jagdausrüstern angeboten werden. Der Hirschruf ist ein Schalltrichter, der in unterschiedlichen Formen angeboten wird. Bei der hier üblichen Rotwildjagd ist sein Einsatz kaum möglich. Die Ansitzjagd vom Hochsitz aus ist bei uns allein aus Sicherheitsgründen die Regel. Man erwartet ein Rudel Rotwild und hofft, dass der richtige Hirsch dabei ist. Der Einsatz eines Hirschrufes ist somit unnötig.

Bild 8: Hohle Faust für den Hirschruf

Wenn ein Beihirsch über die Waldblöße oder über die vor dem Beobachter liegende Schneise zieht, kann er allerdings durch ein kurzes Platzhirschkonzert auf der Faust (Bild 8) zum Verhoffen, oder zum Zustehen gebracht werden. Das hört sich wie folgt an:

Aoooa, Aoooa, ö-ö-ö, Aoooa

Dazu formt man aus den Händen einen Schalltrichter und benutzt ihn wie einen echten Hirschruf. Der Beihirsch verhofft, oder er steht sofort zu.

Man kann den Hirschruf, der ja nichts anderes ist als ein Schallverstärker, auch durch die Pappröhre einer Toilettenpapierrolle ersetzen. So wird der Ruf besser gebündelt und gerichtet. Außerdem passt dieser „Hirschruf“ in jede Jackentasche.

Von großem Erfolg ist auch das sehr verhaltene aber schnelle Trenzen vor Beschlag.

Ein Ö Ö Ö– Ö Ö Ö , sehr leise und in schneller Folge vorgebracht, macht sofort jeden Beihirschen neugierig und er zieht auf dieses Konzert zu. Ich habe als Fotojäger mit dieser kurzen Lautäußerung schon oft Erfolg gehabt.

Das Mahnen eines Alttieres

Für den Normaljäger ist es wichtiger, das näselnde Mahnen eines Alttieres nicht nur zu kennen, sondern auch nachahmen zu können. Mit ihm kann er auf Drückjagden, aber auch bei der Ansitzjagd, ziehendes oder trollendes Rotwild zu kurzem Verhoffen bringen.

Bild 9: Mahnen eines Alttieres

Drücken Sie mit Daumen und Zeigefinger ihre Nasenflügel zusammen (Bild 9) und formen Sie mit dem Mund ein

Ää—–Ää

Sie werden erleben, dass das Wild in den meisten Fällen verhofft und dann erlegt werden
kann. Das Anpirschen des Hirsches in seinem Einstand wird nur in sehr großen und gut gepflegten Revieren möglich sein. Da man in diesen Revieren stets geführt wird und der Berufsjäger den Hirschruf einsetzt, erspare ich mir an dieser Stelle weitere Einzelheiten.

Kontaktlaute der Sauen, die sich der Jäger nutzbar machen kann

Die Möglichkeit Überläufer heranzulocken, Sauen mit ihrem Angstruf aus dem Mais zu treiben und sie durch Angrunzen zu stoppen, ist den wenigsten Jägern bekannt.

Der Verhaltensforscher Heinz Meynhardt hat sich in der DDR seinerzeit intensiv mit den Sauen, unserem äußerst familiären Schwarzwild, beschäftigt. Er hat u. a. ihre Lautäußerungen studiert und ihre Sprache entschlüsselt. Wer sich dafür interessiert, sollte seine umfangreichen Publikationen oder seine Film- und Tonträger studieren. Ich kann sie nur empfehlen.

Als Jungjäger lernte ich von einem väterlichen Freund Sauen zu stoppen und sie anschließen zu erlegen. Dazu formte ich mit meinen Händen einen Schalltrichter, wie beim Hirschruf, und grunzte mit meiner Stimme durch den Trichter hindurch in Richtung Erdboden folgende möglichst laute Strophe:

Roch – roch –  rrrrrrroch

Das Geräusch erzeugt man über ein Hereinziehen der Luft durch die Nase.

Die Borstenträger stehen nach einer Sekunde wie angenagelt und sichern zur Quelle der Geräusche.
Wenn die Sauen durch einen Bestand über eine Schneise wechseln sollen, muss das Grunzen ca. einen Meter vor dem Bestandsrand erfolgen. Dann stehen die Sauen durch die zeitliche Verzögerung genau auf der Schneise. Versuchen Sie es einmal selbst. Glauben Sie mir, es klappt nahezu immer.

Es gibt mittlerweile einen Sauenlocker, der jeden Nichtjäger stark beeindruckt, der aber auch sehr sperrig ist. Ich habe ihn mir zugelegt, scheute mich aber bis heute ihn einzusetzen.

Nach einer Frage meiner Frau: „Wo ist denn der Papa?“ kam die Antwort eines meiner Söhne: „Der Papa sitzt im Wohnzimmer und bläst auf einem Gardenaschlauch!“ Schon hatte ich mein Fett weg. Seitdem meide ich diesen eindrucksvollen Locker.

Nach meiner Meinung ist das Grunzen auf der Faust die einfachste und schnellste Methode, um jagdlich erfolgreich zu sein. Die Faust als Locker kann man nie vergessen.

Wildtierstimmen, die man mit den Lippen erzeugt

Unsere Lippen bieten uns die Möglichkeit durch das Nachahmen verschiedenster Vogelstimmen diese für unsere Bedürfnisse zu nutzen.

Die Mönchsgrasmücke

So zeigt der Warnruf unserer Mönchsgrasmücke, das typische

Teck, teck,  – teck, teck, teck

mit dem Klang gegeneinanderstoßender Kieselsteine, dass sich hier ein Feind nähert. Durch Schnalzen mit der Zunge kann man diesen Warnlaut nachahmen und so Fuchs und Marder zum Verhoffen bringen.

Die Amsel

Die Amsel hat sogar für die Warnung vor einem Bodenfeind einen ganz speziellen Ruf, den jeder Jäger kennen sollte. Ihr

Tück,– tück, –tücktück, –tück, tück….

vernimmt man so lange, wie ein Bodenfeind, Sau, Katze, Fuchs, Dachs oder Marder in der Nähe ist. Man kann also einen Feind am Boden erwarten, ja man kann sogar seinen Weg akustisch verfolgen.

Die Wachtel

Der Ruf der Wachtel kann leicht mit den Lippen nachgepfiffen werden. Ihr

Pick-werwick, Pick-werwick, Pick-werwick

ist wirklich leicht zu imitieren. Den schlagenden Wachtelhahn habe ich schon mehrfach bis auf fünf Meter vor meine Füße gelockt. Zu sehen war der kleine Kerl aber nie. Er wurde von den sprießenden Weizensprösslingen oder dem hochstehenden Gras verdeckt.

Der Wachtelkönig

Durch eine verblüffende Imitation seiner Stimme lässt sich der Wachtelkönig (Wiesenralle) heranlocken.
Man nehme dazu eine halbvolle Streichholschachtel auf die man einen Kunststoffkamm legt. Mit einem Streichholz streicht man nun in rhythmischen Abständen über die Zinken des Kammes auf der Schachtel (Bild 10). Derjenige, der den Ruf des Wachtelkönigs kennt, wird begeistert sein. Auch mit ihm konnte ich in meiner Jugend den Vogel bis vor meine Füße locken. Ich sah den kleinen Kerl allerdings nur einmal.

Bild 10: Die Stimme des Wachtelkönigs

Das Rebhuhn

In früheren Zeiten, als die Reviere noch voller Hühner steckten und deren Bejagung möglich war, war es üblich über Nachahmen des Sammelrufes die Lage der Ketten genau zu orten.
Auch in diesem Falle, so erfuhr ich bei „Hermann Löns“, wurde der Ruf durch Saugen in der offenen Handfläche imitiert. Ich habe das oft versucht. Es klappt.
Dazu setzt man die feuchten Lippen auf den Mittelpunkt der Falten seiner Handinnenfläche (Bild 11) und saugt unter Drehen der Handfläche die Luft ein. Den Abschluss bildet ein Schmatzen. Bei ein wenig Übung erzeugt man den Ruf der Hühner „ Kiiirepp, Kiiirepp“ exakt.

Bild 11: Rebhuhn. Ansatz der Lippen auf dem Mittelpunkt des M.

Der Pirol

Wer den Pirol in seinem Revier hört, kann auch diesen heimlichen und exotisch anmutenden Vogel beobachten. Dazu muss er sich in die Nähe des rufenden Vogels begeben und dessen Ruf nachahmen. Sie werden sehen, dass der männliche Pirol, gelb mit schwarzen Schwingen, unverzüglich erscheint. Als Sechzehnjähriger ist es mir in der Erler Heide, der heutigen Üfter Mark zum ersten Male gelungen. Das Erlebnis hatte mich so beeindruckt, dass ich noch heute genau die Stelle dieser Beobachtung markieren kann.

Der Ruf entspricht seinem volkstümlichen Namen „Vogel Bülow“. Die Adelsfamilie „von Bülow“ zeigt diesen Vogel daher in ihrem Wappen.

Der Ruf dieses farbenprächtigen äußerst scheuen Vogels klingt wie

düdelio-io.düdelio-io

Die Stockente

Eine weitere, für die Lockjagd wichtige Stimme ist die der Stockente.
Wer Kunststofflockenten ausgelegt hat und streichende Enten am Himmel entdeckt, kann durch Nachahmen der verhaltenen Stimme des Erpels und dem lauten Rufen der Ente, deren Verwandtschaft zu den Lockenten leiten. Diese Stimmen kann man mit dem Mund erzeugen. Dabei rufen die Enten lautstark

Paak, paak, paak, paak

und der Erpel, sehr verhalten und schnell,

räb, räb, räb, – räb, räb, räb

Eine genaue Stimmwiedergabe ist dabei nicht unbedingt erforderlich.
Wenn man sich einem Fluss nähert, kann man mit diesen Stimmen auch die dort liegenden Enten zu einer Antwort zwingen und damit ihren Standort erkennen.

Befindet sich im Streifgebiet eines Fuchses ein Bach, wird Reinicke ihn auch ganzjährig aufsuchen. Nicht nur die Forellen ziehen ihn an, sondern auch die auf dem Bach liegende Enten. Durch Nachahmen des Entenrufes kann man dort den Fuchs in den Bereich seiner Flinte locken.

Wir sehen, dass es sich lohnt die Stimmen der Tiere zu kennen und sie zu seinem Nutzen einzusetzen. Wenn Sie in der Lage sind diese Stimmen ohne oder mit Hilfsmittel wiederzu- geben, können Sie nicht nur ihre jagdlichen Freuden erhöhen, sondern auch sehr viele Nichtjäger begeistern.

Ich konnte bei meinen waldpädagogischen Einsätzen mit diesen Lauten Kinder und Erwachsene erfreuen und sie alle zu staunenden Zuhörern werden lassen.

Üben sie kräftig.

Die Ruf-, Lock- und Reizjagd ist aktives Jagen mit großer Bedeutung für Ihr jagdliches Erleben und Ihren jagdlichen Alltag.

Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)

Quellen: Es wurden keine Quellen genutzt

Bildnachweis:

  • DSC_4131: Gerd Tersluisen | All Rights Reserved
  • DSC_4147_01: Gerd Tersluisen | All Rights Reserved