Studie: Landwirtschaft verantwortlich für Insektensterben

Biene beim Pollensammeln

Von Dr. Olaf Zinke, agrarheute

Insekten sind weltweit vom Aussterben bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam in einer aktuellen Studie, die in der Zeitschrift Biological Conservation veröffentlicht wurde.

Verantwortlich für das dramatische Insektensterben machen die Forscher vor allem die Ausweitung der intensiven Landwirtschaft. Hinzu kommen Umweltbelastungen durch den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz und Düngemitteln sowie durch industriell verursachte Umweltbelastungen.

Weitere Ursachen für das Artensterben sind laut der Studie Parasiten und Krankheitserreger sowie der Klimawandel. Ausgewertet hat das Forscherteam ingesamt 73 Studien, die sich mit dem weltweiten Insektensterben befassen. Die meisten Daten stammen aus Untersuchungen, die in Europa und Nordamerika durchgeführt wurden.

Enorme Folgen für die Ökosysteme

Insekten sind die am häufigsten vorkommenden Tiere auf der Erde. In ihrer Untersuchung kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass in den nächsten Jahrzehnten bis zu 40 Prozent aller Insektenarten vom Aussterben bedroht sind. Bei etwa 41 Prozent der Insektenarten sei zudem ein sehr starker Rückgang im letzten Jahrzehnt erfolgt.

Die Forscher vermuten zudem, „dass der Rückgang der Insektenarten doppelt so hoch ist wie der der Wirbeltiere.“ Nach Meinung der Wissenschaftler ist es „offensichtlich, dass wir das größte Insektensterben seit der Kreidezeit erleben.“ Die Zahl der Bienen, Schmetterlinge, Motten, Mistkäfer und Grillen gehe derzeit drastisch zurück.

„Wenn der Verlust von Insektenarten nicht gestoppt werden kann, wird dies katastrophale Folgen sowohl für die Ökosysteme als auch für das Überleben der Menschheit haben“, sagte der Hauptautor der Studie Francisco Sánchez-Bayo von der University of Sydney, in Australien.

In 100 Jahren keine Insekten mehr?

Die Wissenschaftler schätzen die jährliche Verlustrate in den letzten 25 bis 30 Jahren auf etwa 2,5 Prozent. Sánchez-Bayo sagte dazu: „Es geht alles sehr schnell. In 10 Jahren haben Sie ein Viertel weniger Insekten, in 50 Jahren ist nur noch die Hälfte übrig und in 100 Jahren haben wir keine Insekten mehr.“ Große Auswirkungen hat das Insektensterben zudem auf Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische. Für diese bilden die Insekten die Nahrungsgrundlage.

Allerdings ist die Studie unvollständig. Die Wissenschaftler sind sich nämlich nicht sicher, wie viele Insektenarten es überhaupt gibt, ganz zu schweigen von der Größe der jeweiligen Population. Die Daten der Untersuchung stammen zudem nur aus entwickelten Ländern wie den USA und  Europa. Die Autoren weisen darauf hin, dass es nicht genügend Daten aus tropischen Regionen gibt, in denen zudem auch immer wieder neue Insektenarten entdeckt werden.

Die Ergbnisse der Untersuchung machen nach Einschätzung der Forscher jedoch klar, dass sich das Problem nicht auf Europa und die USA oder auf eine kleine Gruppe von Insekten beschränkt. 

Einsatz von Insektiziden und Klimawandel

„Die Hauptursache für den Rückgang der Insekten ist die landwirtschaftliche Intensivierung“, ist sich der Hauptautor der Studie Sánchez-Bayo sicher. Er fand herraus, dass das Aussterben der Insekten mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts zunächst langsam begonnen habe und sich dann in den 50er- und 60er-Jahren immer mehr beschleunigte.

In den letzten beiden Jahrzehnten hat das Insektensterben nach Einschätzung der Forscher „alarmierende Ausmaße“ erreicht.  Sánchez-Bayo ist deshalb überzeugt, dass die neuen Klassen von Insektiziden, die in den letzten 20 Jahren eingeführt wurden, wie etwa Neonicotinoide und Fipronil, besonders schädlich waren.

„Die Welt müsse die Art und Weise ändern, in der sie Nahrungsmittel produziert“, schlussfolgert Sánchez-Bayo. Für die Tropen gehen die Forscher zudem davon aus, dass die steigenden Temperaturen infolge des Klimawandels großen Einfluss auf den Rückgang der Insektenarten haben.