Proteste gegen den Wolf: Auch in Nachbarländern steigt der Druck

Von Johanna Michel, agrarheute

Land schafft Verbindung (LsV) Sachsen hat heute (08.07.) zu einer Demo gegen die Wolfspolitik vor dem Dresdener Landtag aufgerufen. Auch in Österreich und der Schweiz werden die Rufe nach schärferen Maßnahmen gegen den Wolf derzeit immer lauter.

Update vom 9. Juli, 15:00 Uhr: 

Tiroler Landtag beschließt Dringlichkeitsantrag: 

In seiner gestrigen (08.07.) Sitzung hat der Tiroler Landtag einen Dringlichkeitsantrag zur Änderung des Tiroler Alm- und Jagdgesetzes beschlossen. Dieser sieht ein beschleunigtes Verfahren zur Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen oder Bären vor. Außerdem soll ein Fachkuratorium im Rahmen des Wolfsmanagements nach einem Rissgeschehen schnell hinzugezogen werden können. Das Fachpersonal soll dann die Verhaltensauffälligkeit des Problemtiers feststellen und Maßnahmen empfehlen. 

Wie der Tiroler Bauernbund mitteilt, wurde darüber hinaus das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Almen festgehalten. Außerdem seien im Almschutzgesetz Alpschutzgebiete, in denen kein Herdenschutz möglich ist, ausgewiesen worden. Für getötete und verletzte Tiere soll es Entschädigungen geben. 

„Im Umgang mit Problemwölfen gibt es nun einen Maßnahmenplan, der bis hin zur Entnahme reicht. Damit bieten wir den betroffenen Bauern und Almen eine Perspektive“, sagt Josef Geisler vom Tiroler Bauernbund.

Köstinger macht auf Gefährdung der Almregionen und auf Entnahme von Wölfen aufmerksam:

Das österreichische Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus geht in einer Presseinformation davon aus, dass seit Jahresbeginn in Österreich – insbesondere in den Bundesländern Tirol und Salzburg – bereits über 200 Tiere, vor allem Schafe, von Wölfen gerissen wurden. Wie Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger hervorhebt, bedroht der Wolf sowohl die Alm- und Weidewirtschaft als auch die touristische Nutzung der Naturlandschaften. 

Es bestehe Handlungsbedarf, wenn Almabtriebe wegen der Bedrohung durch den Wolf vorzeitig stattfinden oder wenn Wanderwege für Touristen gesperrt werden müssen.

Darüber hinaus macht das Landwirtschaftsministerium auf den erschwerten Herdenschutz in den Almregionen aufmerksam. 

Eine „Entnahme einzelner Problemwölfe“ sei aber „rechtlich durchaus möglich“. So könnten DNA-Proben nachweisen, ob mehrere Risse auf denselben Wolf zurückgingen und die Problemtiere identifizieren. Allerdings werde gegen die Bescheide, die die Behörden erteilten, oft Widerspruch eingelegt. Die Verfahren müssten deutlich vereinfacht und beschleunigt werden.

„Die friedliche Koexistenz von Wölfen und Almwirtschaft ist eine Illusion. Wölfe sind Raubtiere, die oft wahllos zuschlagen und Almvieh reißen. Es gibt rechtliche Möglichkeiten, Problemwölfe zu entnehmen. Diese müssen konsequent genutzt werden, um Almvieh – und auch Menschenleben – zu schützen“, so Köstinger. 

In Niedersachsen rufen mehrere Organisationen zum Aktionstag Wolf auf 

Am kommenden Sonntag (11.07.) sollen in Friesland an zwei Orten Aktionen stattfinden, um auf die steigende Wolfspopulation aufmerksam zu machen. Das Landvolk Friesland organisiert die Aktion gemeinsam mit den Landfrauen, der Landjugend, dem Aktionsbündnis Wolf und dem LsV. 

Auf den Deichen soll von 11 bis 12 Uhr eine Menschenkette „auf die unhaltbare Situation aufmerksam machen“, schreibt das Landvolk Friesland bei Facebook. Die genauen Treffpunkte sollen noch bekannt gegeben werden.

Schon in der Nacht vor der heutigen öffentlichen Anhörung im Sächsischen Landtag hielt LsV Sachsen eine stille Mahnwache mit über 400 Kerzen ab. Wie der Verein in einer Pressemitteilung informiert, sollte mit den Lichtern „auf die Nutztiere aufmerksam gemacht werden, die allein im letzten Jahr in Sachsen von Wölfen geschädigt worden sind“.

In Innsbruck hat es am vergangenen Samstag (03.07.) eine Kundgebung des Tiroler Bauernbundes sowie einen Mahnmarsch zur Rettung der Alpwirtschaft mit etwa 3.000 Landwirten und Unterstützern gegeben.

Der Schweizer Verein zum Schutz der ländlichen Lebensräume vor Grossraubtieren machte den dringenden Handlungsbedarf in einem offenen Brief an die Bundesräten Simonetta Sommaruga deutlich.

LsV Sachsen will sachliche Auseinandersetzung

Vor der LsV-Aktion erklärte Landwirt Mike Krause: „Wir werden vor dem Landtag in Dresden demonstrieren, weil uns der Wolf nicht mehr ruhig schlafen lässt“.

Paul Kompe, Vorsitzender von LsV Sachsen, betonte, dass die Landwirte „mit der Politik in ein gutes Gespräch kommen“ wollen. Sie richteten an die Abgeordneten die Erwartung, sich sachlich und vorurteilslos mit den Problemen zu befassen. In Sachsen habe sich der Wolfsbestand enorm stark ausgebreitet.

In Innsbruck hätten nach Angaben der Zeitung Schweizer Bauer Landwirte aus Tirol, Südtirol, dem italienischen Trentino, Salzburg und Bayern teilgenommen. Zwar sei im Bundesland Tirol eine Änderung des Almwirtschafts- und des Jagdgesetzes geplant, um eine leichtere Entnahme von Problemwölfen zu gewährleisten. Doch nach Ansicht des Tiroler Schafzuchtverbands reichen diese Maßnahmen nicht aus. Der Verband wies laut Schweizer Bauer darauf hin, dass der Herdenschutz oft nicht durchführbar und finanzierbar sei und sich darüber hinaus als untauglich erwiesen habe.

In der Schweiz wird Ausbluten der Berggebiete befürchtet

An die Bundesrätin und Vorsteherin des Schweizer Bundesamts für Umwelt Simonetta Sommaruga wandte sich der Verein zum Schutz der ländlichen Lebensräume vor Grossraubtieren in einem offenen Brief. Der Verein weist in dem Schreiben auf die Zustände hin, die mit tödlichen Angriffen auf Schafherden und notfallmäßigen Abalpungen einhergehen.

Darüber hinaus gebe es Angriffe auf Kuhherden, wegen denen die Tiere in Panik gerieten und abstürzten. Auch für den Menschen werde der Wolf immer gefährlicher.

Der Verein warnt vor der langwierigen Behandlung, die der Bundesrat für das Thema vorgesehen hat. So will der Bundesrat erst nach der Durchführung einer Studie einen entsprechenden Bericht erst im Herbst 2023 veröffentlichten. Der Handlungsbedarf sei jedoch dringend, weshalb sich die Betroffenen allein gelassen und nicht ernst genommen fühlten. Hält der Schweizerische Bundesrat an seinem Zeitplan fest, befürchtet der Verein ein Ausbluten der betroffenen Berggebiete in kurzer Zeit.