Peta: Tierrechtler verurteilen Reiten als Tierquälerei

Von Susanne Leopold (agrarheute.de)

Anlässlich von zwei Pferdemessen fordert Peta wieder einmal, den Reitsport abzuschaffen. Selbst Freizeitreiterei ist für die Tierrechtler inakzeptable Ausbeutung. Ein Kommentar.

In Essen hat am 7. April die Pferdemesse „Equitana“ begonnen. Tausende Pferdebesitzer, Reitsportler und Freizeitreiter freuen sich über den ersten großen Vor-Ort-Termin der Branche seit zwei Jahren. Endlich wieder nach einem neuen Halfter stöbern, einen Reiturlaub buchen oder seltene Rassen bestaunen.

Aber die Tierrechtler von Peta (People for the Ethical Treatment of Animals) wetzen derweil ihre Klingen. Alles zu viel Stress und Ausbeutung und überhaupt. Free Fury!

Peta klagt über generellen Missbrauch durch Reiten

In einer Pressemitteilung von Peta (alle Hervorhebungen von uns) heißt es: „Bis zum 13. April werden diverse Pferde gezwungen, an Vorführungen oder ,Showeinlagen‘ teilzunehmen. Pferdemessen mit Menschenmassen und einem hohen Lärmpegel sowie der ,Pferdesport‘ an sich bedeuten für die sensiblen Fluchttiere immensen Stress. Deshalb fordert Peta, den Blick auf das Lebewesen Pferd in Zucht, Haltung und auf Messen künftig neu auszurichten und keine lebenden Tiere mehr auszustellen oder für Unterhaltungszwecke zu missbrauchen.“

Will heißen: Für Peta ist nicht nur der aktuelle Messebetrieb, sondern jede Form der Reiterei Tierquälerei.

Echte Tierschutzthemen spielen nur eine Nebenrolle

Nun gibt es durchaus Dinge – vor allem im professionellen Sport und in der Hochzucht –, die man kritisch betrachten soll und muss.

Wer sich mit Pferden beschäftigt, weiß um Dinge wie Barren, Rollkur (Foto), Transportstress oder fehlenden Weidegang von wertvollen Sportpferden oder Zuchthengsten. Echter Tierschutz hat da ein veritables Betätigungsfeld. Denn wie überall, wo es um viel Geld geht, agieren auch hier skrupel- und gedankenlose Personen, denen man auf die Finger klopfen muss, wenn es die eigene Branche nicht tut.

Wenn es Peta also nur darum ginge, solche Probleme aufzudecken und zu beseitigen, wäre das durchaus zu begrüßen und im Sinne von Pferden und echten Pferdefreunden.

„Harmonisches Miteinander“ nach Peta-Verständnis

Doch Peta will keine Missstände beseitigen, sondern die gesamte Reiterei als solche.

In einer weiteren Presseverlautbarung, diesmal zur „Partner Pferd“ vom 6. bis 10. April in Leipzig, klingt das so: „Wir fordern die Verantwortlichen auf, das Event in dieser Form nicht mehr auszurichten. Stattdessen müssen Messen über die natürlichen Bedürfnisse der Tiere im Bereich der Haltung, Pflege und Ernährung aufklären und Empathie, Einfühlungsvermögen und Respekt vermitteln. Ein wirklich tierschutzgerechter Umgang und ein harmonisches Miteinander sind nur komplett losgelöst vom Reiten und anderen ‚Trainings‘ möglich.“

Bringt den Pferdemenschen endlich Pferdeverstand bei, heißt das wohl. Täglicher Umgang mit dem Tier und jahrelange Erfahrung sind rein gar nichts gegen die Peta-Expertise.

Tierrechtler wenden sich auch gegen Haustierhaltung

Für die Tierrechtler der 1980 in den USA gegründeten NGO existiert ein wahrhaft würdiges Tierleben nur in uneingeschränkter Freiheit, bestenfalls kombiniert mit einer Art persönlichem Service, der für Sicherheit und Wohlbefinden sorgt, vom Tier selbst aber absolut nichts verlangt.

Deshalb lehnt die Organisation seit Jahren bereits nicht nur die landwirtschaftliche, sondern auch weitestgehend die private Tierhaltung ab – und das unabhängig von Tierart und Domestikationsform.

So ist aus den USA bekannt, dass dort in von der Organisation betriebenen Tierauffangstationen Zehntausende Hunde und Katzen eingeschläfert wurden, statt sie an neue Besitzer zu vermitteln. Peta redet dabei von unheilbar kranken Notfällen, doch die Realität sieht wohl anders aus, wie Fälle wie dieser hier zeigen.

„Freiheit“ als höchstes Gut?

Petas Freiheitsmantra ist – vor allem im Bezug auf domestizierte Rassen – allerdings weit von den Bedürfnissen echter Tiere entfernt.

Ein Przewalskipferd oder ein Mustang mögen noch in einer weitgehend unberührten Wildnis zurecht kommen. Ihr Leben ist dabei meist kurz und entbehrungsreich, aber wer „Freiheit“ als Idealzustand über alles andere stellt, findet den frühen Tod durch Hunger, Durst, Kälte, Krankheit oder Beutegreifer eben weit akzeptabler als ein Leben in der Obhut des Menschen, gelegentlich verbunden mit einem Sattel auf dem Rücken.

Unsere heutigen Hauspferde dürften das allerdings anders sehen.

Tausche Möhre gegen Weide

Oder wie unendlich dumm oder vergesslich müsste ein Pferd sein, wenn es sich – wie die Rösser in meinem alten Reitstall – nur für ein Stück Möhre oder einen Apfel auf einer riesigen Ganztagsweide einfangen lässt … wohl wissend, dass danach immer eine Reitstunde folgt.

Schlimmer noch: Die armen Versklavten sind uns meistens sogar fröhlich entgegengelaufen, obwohl sie auch ohne uns Reitervölkchen alles hatten, was ein Pferd nach Tierrechtleransicht braucht – abgesehen vom Kontakt zum Menschen.

Peta-Narrative: „Gescheucht, gezwungen, unnatürlich“

So wie unsere Rösser verhalten sich übrigens die meisten Freizeitpferde in Deutschland ihren Reitern gegenüber. Es ist für einen Tierrechtler offenbar undenkbar, dass die Liebe zum Tier auch auf Gegenseitigkeit beruhen kann.

Stattdessen mosert der Verein: „Sie werden bei Messen in der Regel über Hindernisse gescheucht und in den verschiedenen Disziplinen gezwungen, zur Unterhaltung des Publikums unnatürliche ‚Kunststücke‘, Bewegungsabläufe oder ‚Trainingsmethoden‘ vorzuführen.“

Wozu braucht man schon Pferdewissen?

Was Tierrechtler unter „unnatürlichen Kunststücken“ verstehen, konnten verblüffte Pferdefreunde Anfang Juni 2021 in der Berliner tageszeitung (taz) lesen.

Unter dem Titel „Pure Unterwerfung“ kommentierte Rieke Wiemann, damals noch Volontärin, heute Korrespondentin mit Vorliebe für Tierschutzthemen, den Sieg des deutschen Olympia-Dressurteams: „Applaus wofür? Für die furchtbarste Tierquälerei? Für die vollkommenste Unterwerfung der Pferde? […] Pferde treten in der freien Wildbahn […] weder trabähnlich auf der Stelle noch galoppieren sie mit gekreuzten Beinen seitwärts über die Wiese. Diese Kunststücke haben – wie es der Name schon sagt – rein gar nichts mit den natürlichen Bewegungsabläufen eines Pferdes zu tun.“

Distanz macht Verurteilen leicht

Wenn eine (angehende) Journalistin so etwas von sich gibt, braucht sie nicht dazuzuschreiben, dass sie ihr Wissen über Pferde überwiegend aus Peta-Broschüren bezieht.

Dabei hätte es nicht einmal Nähe zu echten Pferden, sondern nur ein wenig objektive Recherche gebraucht für die Erkenntnis, dass Passagen und Traversalen tatsächlich durchaus natürlichen Ursprungs sind. Der Mensch hat sie nur in eine Choreographie gefasst.

Wer das als „furchtbarste Tierquälerei“ verdammt, geht wohl zu selten tanzen.

Pferde brauchen Zuwendung, keine Petitionen

Tiere in unserer Obhut brauchen Verständnis, Hingabe und Fachwissen. Sie brauchen Leute, die sich nicht nur auf dem Papier und in Petitionen um das, was sie für Tierwohl halten, bemühen, sondern die sich wirklich Nächte um die Ohren schlagen, weil eine Stute fohlt oder ein krankes Pferd fiebert. Die nicht selten jeden verfügbaren Euro in noch besseres Futter, eine noch bequemere Unterkunft oder eine sündteure veterinärmedizinische Behandlung stecken.

Und ja: Die das tägliche Umsorgen mit einer Leistung durch das Tier verbinden, welche seine Freiheit weit weniger einschränkt als die Zwänge, denen es als Wildpferd (das es seit Tausenden von Generationen nicht mehr ist) ausgesetzt wäre. Eine Leistung, die – wenn sie fachgerecht entwickelt wird – für beide Seiten eine Bereicherung ist.

Pferde, liebe Tierrechtler, können nämlich enorm stolz sein auf etwas Gelerntes und wachsen über sich selbst hinaus für den Lieblingsmenschen. Wer wirklich mit Pferden zu tun hat, weiß das.