Netzwerk der Biologischen Stationen

Bei extensiver Bewirtschaftung findet er sein Auskommen

Eine Besonderheit im Lande Nordrhein-Westfalen: Das Netzwerk der Biologischen Stationen

Die Biologischen Stationen sind eine Besonderheit im Naturschutz in Deutschland. Einzelne Biologische Stationen gibt es in mehreren Bundesländern, ein von einem Bundesland und den jeweiligen Kommunen gefördertes Netzwerk von Biologischen Stationen gibt es nur im Bundesland Nordrhein-Westfalen. In NRW werden 40 Biologische Stationen, fast je Kreis eine Einrichtung, gefördert. Ihre Aufgaben, Tätigkeiten und Finanzierung sollen hier, exemplarisch anhand der „Biologischen Station Kreis Recklinghausen e. V.“, vorgestellt werden.

In den 1970er Jahren wurden die ersten Stationen durch Mitglieder anerkannter Naturschutzverbände, im Naturschutz engagierte Bürger, Vertretern der kreisangehörenden Städte und Gemeinden, der Kreisverwaltung, sowie Vertretern der Land- und Forstwirtschaft,  als Verein gegründet. Viele Freunde der Natur hatten vorab Fachgruppen gebildet und sich örtlich ehrenamtlich mit intensiver feldbiologischer Arbeit beschäftigt. Daher bildeten sie ein fachlich abgesichertes und qualitativ hochwertiges Standbein der Stationen, mit ausgeprägter Sach- und Ortskenntnis.
Zu diesen Gründern gehörten auch verdiente Mitglieder der Jägerschaft, die sich um den Naturschutz bemühten.
Die Gründung des „Vereins Biologische Station Kreis Recklinghausen e. V.“ erfolgte im Jahre 1990.
Die Biologische Station ist Geschäftsstelle des Vereins, deren Geschäftsführer gleichzeitig die Aufgaben eines wissenschaftlichen Leiters hat.
Zu den Gründungsvätern gehört ein ehemaliger Hegeringleiter des Hegeringes Marl, der noch heute die Aufgaben des 1. Vorsitzenden wahrnimmt.

„Ohne Moos nichts los!“

Wie finanzieren sich die Biologischen Stationen in NRW?
Die Finanzierung der einzelnen Stationen erfolgt über die Förderrichtlinie: Förderung der Biologischen Stationen (FöBS) des Landes wobei die jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaften mit dem Land die Vereinbarung eingegangen sind, 20% der Kosten des festgelegen jährlichen Jahreshaushaltes „ihrer Station“ zu zahlen. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen einer jährlichen Projektförderung, wobei die Fördersumme alle fünf Jahre rückwirkend entsprechend der Inflationsrate angeglichen werden soll. Die Höhe der Finanzmittel ist je Station genau festgelegt. Auf der Grundlage des Haushaltes wird jährlich ein Arbeits- und Maßnahmenplan des Vereins aufgestellt, der der Vereinssatzung entsprechen und von den Geldgebern und den Naturschutzbehörden genehmigt werden muss.

Auch die Finanzmittel, die zu ca. 80% vom Land und zu ca. 20% von den Kommunen übernommen werden, müssen jährlich beantragt werden.

Diese  Projektförderung des Landes umfasst die jährlichen Personal- und Betriebskosten, wobei den Vereinen die personelle Besetzung freigestellt ist.
Bei den sieben Biologischen Stationen im Ruhrgebiet besteht eine enge Kooperation mit dem Regionalverband Ruhr bei der wissenschaftlichen Betreuung und Pflege von Naturschutzflächen des Regionalverbandes. Deshalb beteiligt sich der RVR zur Entlastung der Kommunen auch an der Finanzierung der „Ruhrgebietsstationen“.

Verhältnis der Biologischen Stationen zu Jägerschaft

Einige Leiter der Biologischen Stationen in NRW besitzen einen Jagdschein, oder Mitarbeiter von Stationen sind auch als Jäger aktiv. Diese Stationen stehen der Jägerschaft  offener  gegenüber, andere Stationen sind der Jägerschaft auch aufgeschlossen, ohne Jäger in den eigenen Reihen zu haben.
Es gibt aber auch Biologische Stationen, die der Jägerschaft skeptischer gegenüber stehen.

Aufgaben und Tätigkeitsbereiche der Biologischen Stationen

Die Landesförderung der Biologischen Stationen in NRW geht auf ein naturräumliches Fachkonzept aus dem Jahre 1990 zurück. Nach einem sehr erfolgreichen Modellprojekt, der Förderung der Biologischen Station Zwillbrock im Kreis Borken (1985-1990), wurde das Fördermodell auf ganz NRW übertragen. Ein wichtiger Grund war schon damals der dramatische Rückgang an feuchtem Grünland und die immer stärke Intensivierung der Landwirtschaft. Zum Erhalt der vielen bedrohen Tier- und Pflanzenarten sowie gefährdeter Biotoptypen wie Feuchtwiesen, Mooren und Heiden verabschiedete das Land NRW auf Initiatives des Naturschutzes, Ende der achtziger Jahre, landesweite Schutzprogramme wie z.B. das Feuchtwiesenschutzprogramm. Zur Umsetzung dieser Schutzprogramme vor Ort in Kooperation mit den Landwirten wurden Fachleute in den Biologischen Stationen als Vermittler benötigt. Dies war ein wichtiger politischer Grund zur Einrichtung und Förderung der Biologischen Stationen. Der enorme Zuwachs von  Naturschutzgebieten aufgrund dieser Landesprogramme in NRW und die Erkenntnis, dass man diese Gebiete nicht ohne Kontrolle und Pflege auf Dauer erhalten kann, führte somit zum Netzwerk der Biologischen Stationen.

Die Biologischen Stationen haben, aufgrund der speziellen örtlichen, naturräumlichen Gegebenheiten, unterschiedliche Aufgabenbereiche. Eine Biologische Station im Mittelgebirge hat natürlich andere Aufgabenschwerpunkte, als eine Station am Niederrhein oder im Münsterland. Allen Stationen gemeinsam ist ihr Einsatz zum Schutz der bedrohten Arten und Lebensräume in ihrem Kreis bzw. in ihrer Region.
Auch die „Biologische-Station Kreis Recklinghausen e. V.“ arbeitet für die Erhaltung, Wiederherstellung und Neugestaltung geeigneter Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen auf der gesamten Kreisfläche. Dabei liegt ein Schwerpunkt ihrer Arbeit auf der Erhaltung und Wiederherstellung unserer artenreichen bäuerlichen Kulturlandschaft.

Aufgaben der Biologischen Station Kreis Recklinghausen

  • Wissenschaftliche Grundlagenerhebung über Flora und Fauna der Schutzgebiete. Durch diese Erhebungen kann man die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen auf ihren Erfolg hin überprüfen.
  • Erarbeitung und Umsetzung von Pflege- und Entwicklungsplänen (Biotophege und Biotoppflege).
  • Freilandarbeit zur praxisbezogener Forschung, um gesicherte Erkenntnisse über die  Wechselbeziehungen von Tier- und Pflanzenwelt, menschlichen Eingriffen und Störungen zu erhalten.
  • Fachliche Beratung von Behörden bei gebietsbezogenen Planungen.
  • Beratung und Kontrolle der Landwirte bei der naturgerechten Bewirtschaftung.
    Die Beratung erfolgt hinsichtlich des Abschlusses von Bewirtschaftungs- und Pachtverträgen innerhalb des Schutzgebietes. Die Biologische Station versteht sich als Kontaktstelle zwischen den ehemaligen Jagdbehörden, die vor wenigen Jahren in Landschaftsbehörden und neuerdings in Naturschutzbehörden umbenannt wurden. Der Biologischen Station obliegen keine hoheitlichen Aufgaben.
  • Eine weitere wichtige Aufgabe sieht die Biologische Station in der natur- und umweltbezogenen Öffentlichkeits- und der Naturschutzbildungsarbeit.

Einige Beispiele

Heidegebiete werden durch vom Kreis beauftragte Schäfer mit ihrer Schafbeweidung, manuelle Entfernung von Kiefern und Birken sowie maschinelles Plaggen erhalten. Feuchtgebiete werden, neben der Beweidung durch Wasserbüffel oder Heckrinder, per Hand oder maschinell von Rohrkolben und Büschen befreit, um so den Wiesenvögeln wie z. B. dem Kiebitz, der Bekassine und dem Brachvogel, zu helfen.
Der Vertragsnaturschutz wird beratend vorbereitet und seine Durchführung, nach Vertragsabschluss auch kontrolliert. Bestandserhebungen zur Überprüfung des Erfolges oder Misserfolges der Naturschutzmaßnahmen werden durchgeführt.
Lehrveranstaltungen werden für Kindergruppen, Schulklassen und an Natur interessierte Gruppen angeboten, um das Verständnis für Umwelt- und Naturschutz durch Erleben zu erhöhen.

In Nordrhein-Westfalen im Grenzbereich zwischen den Kreisen Coesfeld und Recklinghausen wurde vor neun Jahren erstmalig wieder ein Fischotter nachgewiesen. Nach siebzigjähriger Abwesenheit war dies eine Sensation. Die wissenschaftlichen Untersuchungen zur Abstammung und weiteren Ausbreitung des Fischotters im westlichen Münsterland bis hinein in die Niederlanden und nach Niedersachsen werden von der Biologischen Station Kreis Recklinghausen koordiniert. Um die Ausbreitung des Fischotters zu unterstützen z.B. durch Hilfen zur Querung von Straßen, erarbeitet die Biologische Station  eine Machbarkeitsstudie, um konkrete Maßnahmen umsetzen zu können. Ebenso sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Biologischen Station in weiteren Artenschutzprojekten, z.B. bei der Verbreitung des Hirschkäfers, durch die Schaffung von Hirschkäferkindertuben, oder beim Kiebitzschutz, sowie bei dem Erhalt der Lebensräume für die Bekassine und den Großen Brachvogel aktiv.

Empfehlungen an Jagd und Jäger

Den Jägern empfehle ich, sich mit den Naturschutzeinrichtungen ihres Bereiches ins Benehmen zu setzen. Dabei ist es egal, ob es sich um „Biologische Stationen“, wie in NRW, oder um ähnliche Einrichtungen des Naturschutzes in anderen Bundesländern handelt.
Für denjenigen, der sein Revier nicht nur durchs Zielfernrohr betrachtet, der jagt und nicht nur erlegt, steht die Natur und deren Wohlergehen an erster Stelle.
Bei Biotophege- und Biotoppflegemaßnahmen kann man sich mit den Möglichkeiten eines Jägers sicherlich einbringen. Unsere Kreisjägerschaft hat jedenfalls die besten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Naturschutz gemacht. Nicht zu vergessen sind dabei die sich bietenden Möglichkeiten zur Öffentlichkeitsarbeit. Sie sollte man nutzen. Die Tageszeitungen sind jedenfalls sehr dankbar für einen Artikel über die Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Jagd.

Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)

Quellen: Persönliche Gespräche mit der Biologischen Station Kreis Recklinghausen, sowie  „Beiträge zum Natur- und Umweltschutz im Kreis Recklinghausen“