Landwirte erledigen ihre Arbeit fast immer unter den Augen der Gesellschaft. Das ist systembedingt, Ackerbau und Grünlandbewirtschaftung finden nun mal draußen statt.
Ein Bereich der Landwirtschaft allerdings bleibt weitgehend hinter verschlossenen Türen – die Tierproduktion. Auch das liegt am System: Nutztiere brauchen einen Stall, der sie schützt. Vor Wind und Wetter, vor Unfall und Unfug, und auch vor den Krankheiten, die wir auf sie übertragen können.
Dieser Schutz wird gern missverstanden. Wer sich abschotte, schlussfolgern Tierrechtler, habe etwas zu verbergen. Und dürfe sich nicht wundern, wenn ihm nächtliche „Kontrolleure“ auf die Bude rücken. Diese Hausfriedensbrüche, gefolgt von mehr oder weniger glaubhaften Skandalvideos, gehören mittlerweile fast zum Alltag deutscher Rinder-, Schweine- und Geflügelhalter.
„Die hämische Freude über die Filme eint Tierrechtler und vegane Weltretter“
Doch was da seit einigen Wochen durch die Medien flutet, hat eine neue Qualität. Zum Teil über Jahre gesammelt, verbreiten Tierrechtler mit williger Unterstützung großer Redaktionen Videos, die sie nach eigenen Angaben in den Ställen von Abgeordneten und Bauernverbandsfunktionären gedreht haben. Motto: Der Fisch stinkt vom Kopf. Flankiert wird die Filmschwemme von Statements und Aktionen all derer, denen moderne, entwicklungsbereite Landwirtschaftsbetriebe schon lange ebenso ein Dorn im Auge sind, wie eine starke berufsständische Vertretung. Oder die schlicht jegliche Nutztierhaltung abschaffen möchten. So unterschiedlich die Interessen auch sein mögen: Die hämische Freude über die Filme der Stallstürmer eint Tierrechtler, Kleinbauernverbände, grüne Politiker und vegane Weltretter.
Der Wahrheitsgehalt der Vorwürfe muss objektiv überprüft werden, keine Frage. Eine Rechtfertigung für illegales Eindringen in Tierställe ist das nicht. Tierwohl braucht keine vermummte Task Force mit Spendenkonto. Tierwohl braucht die gemeinsame Anstrengung seriöser Unterstützer. Und es braucht eine starke Landwirtschaft, die sich Investitionen in verbesserte Haltungsbedingungen leisten kann.
Der agrarmanager hat sich in der Ausgabe 11/2016 mit den Akteuren am „Tierwohlmarkt“ beschäftigt. Die Redakteure sind deren Intentionen nachgegangen und der Frage, ob das angestrebte Tierwohl nicht oft eher ein Verbraucherwohl ist.
Quelle: agrarheute.de – Sabine Leopold