Ein Frühlingsmorgen im Feuchtgebiet

Kuckuck in der Balz

Es war ein wunderschöner Frühlingsmorgen, der Morgen des 10.05.2018.

Schon im Zwielicht befand ich mich mit meinem Teckel Quintus in einem Absenkungsgebiet, einem Relikt des Kohleabbaus im Ruhrgebiet. Durch Einbruch alter Kohleflöze hatte sich dort das Gelände tief abgesenkt. Das Wasser des durchfließenden Baches konnte sich so zu einer großen Wasserfläche geringer Tiefe aufstauen und bildete den Grundstein für ein imposantes Feuchtgebiet.
Neben mir vernahm ich ein leichtes Plätschern. Eine Wasserralle quiekte. In der Ferne schreckte Rehwild. Allmählich wurde es heller. Auf der Wasserfläche paakten einige Stockenten, die Luft war erfüllt vom „Krück“ der Kriekenten und vom Schnattern der Schnatterenten. Ein Pärchen Flusssehschwalben ruhte auf den alten, mitten in der Wasserfläche stehenden Pfählen eines Koppelzaunes und genoss die Strahlen der aufgehenden Sonne.
Wohl dem, der so etwas beobachten und genießen darf.

Heute galt es dem Kuckuck. Die ersten Vögel der Art cuculus canorus waren schon aus ihrem Winterquartier zurückgekehrt. Sie wollte ich mit der hohlen Faust narren und eventuell vor die Linse meines langen Teleobjektives locken.
Als Jäger ist man mit der Lockjagd ja vertraut. Noch war es aber nicht so weit. Der Kuckuck gehört zu den Spätaufstehern und war sicherlich noch bei seiner Morgentoilette. – Doch da! – Weit entfernt meldete sich der erste Vogel. Jetzt wurde es spannend.
Die Kamera stand auf ihrem Stativ und war auf den abgestorbenen Ast im Wipfel einer zu nass stehenden Eiche gerichtet. Hin und wieder fiel dort in den letzten Tagen der Gauch ein.
Plötzlich erklang jedoch das Lachen eines Grünspechtes und schon klebte der Erdspecht genau an dem vorgesehenen Landeplatz meines Brutschmarotzers. Er genoss dort die Strahlen der frühen Sonne. Sieben Aufnahmen gelangen mir, bevor der grün-rote Vogel mit einem Wellenflug verschwand.

Doch nun wurde es ernst. Die Faust wurde zur fest geschlossenen Kugel geformt und schon erscholl der Ruf des Gauchs über Schilf- und Wasserfläche. Ich rief sicherlich fünf Minuten lang das Liebeslied des Kuckucks.
Und da war er schon. Auf dem äußersten abgestorbenen Ast der Eiche saß der gesperberte Vogel und blies mit dickem Kehlsack seine Sehnsucht in den Morgen. Auch wenn er nicht ganz frei saß, so gelangen mir doch bei blauem Himmel und strahlender Frühsonne recht gute Aufnahmen. Plötzlich duckte sich der Vogel und drohte mit weit aufgesperrtem Schnabel. Immer und immer wieder stieß ein Buchfinkenhahn auf ihn herab, oder sauste an seinem Kopf vorbei. Offensichtlich hielt er den Kuckuck für einen Sperber. Der Buchfink steht ja nicht auf der Liste der Wirtsvögel des Gauchs. Ich konnte es kaum glauben. Der kleine Vogel machte dem Kuckuck das Leben so schwer, dass der genervt das Weite suchte.

Drüben in der Wasserfläche tobte ein Kampf. Ein Höckerschwanenpaar trieb einen Jungvogel des letzten Jahres in eine kleine Schilfbucht und trampelte auf ihm herum. Bisse und Flügelschläge zeigten ihm, dass er hier nicht willkommen war. Irgendwie quälte er sich unter den Altvögeln hindurch ins freie Wasser, nahm Luft unter seine Schwingen und verließ, gefolgt von den wütenden Hausherren, den Ort des Schreckens.
Der Zeiger meiner Uhr rückte auf 7.45 Uhr. Jetzt wurde es aber Zeit. Schnell packte ich mein Equipment und Quintus, den tollsten Teckel der Welt. Wir wanderten zum Fahrzeug.
Aber, was war das?

Kampf der Kiebitze
Kampf der Kiebitze

Ganz in der Nähe riefen mehrere Kiebitze. In der Luft flatterten sie wie schwarz-weiße Putzlappen auf und ab. Sollte dort Reinicke den Jungvögeln wieder einmal zu nahe gekommen sein? Schnell pirschte ich auf den Tumult zu. Und es gelang tatsächlich. Vor mir lag ein Pfuhl (Wasserloch) und hinter ihm tobte eine Schlacht. Auf und ab stiegen die herrlichen Wiesenvögel. Die Luft war erfüllt von ihren wütenden Rufen. Schnell hatte ich mein Pirschstativ aufgebaut und fotografierte die Szene mit aufgelegtem Objektiv. Reinicke oder andere Räuber waren nicht in Sicht. Offensichtlich stritten sich die Vögel um den besten Futterplatz für ihre Jungen. Hier am Spülsaum des Wassers wimmelte es von Kleinstlebewesen. Und so hatte ich am Vortag ein Brutpaar beobachten können, dass hier seine zwei oder drei Tage alten Jungvögel bewachte. Offensichtlich machte ein zweites Paar Anrechte auf diesen guten Futterplatz geltend. Jetzt ging es zur Sache. Immer und Immer wieder flogen sich die Hähne an. Ab und zu stürzte sich auch ein weiblicher Vogel ins Getümmel. Gekämpft wurde mit Schnäbeln, Ständern und Schwingen. Ich fotografierte von 7.49 Uhr bis um 8.05 Uhr. Dann war der Kampf entschieden. Das Standpaar stand als Sieger fest. Die Unterlegenen verschwanden trippelnd in der Bodendeckung. Die Küken des Standpaares aber konnten weiterhin diesen ergiebigen Futterplatz nutzen.
Der Hahn war vom Kampf stark erschöpft. Er stieg in den Pfuhl und tauchte immer wieder mit Kopf- und Brust, flügelschlagend unter Wasser. Diese Abkühlung war offensichtlich notwendig. Er hatte für das Wohl seiner Küken gekämpft und sich dabei völlig verausgabt.

Zufrieden und erfolgreich endete dieser Jagdmorgen für Quintus und mich.

Gehen Sie einfach einmal heraus in ein Feuchtgebiet Ihrer Heimat. Wo Wasser ist, tobt das Leben und das hält immer wieder neue Überraschungen für uns bereit.
Nutzen Sie bei jeder Gelegenheit die Vorteile unserer körpereigenen Lockinstrumente, der Faust, der Handballen, der Fingerkuppen, oder der gespitzten Lippen.
Locken Sie alle Taubenarten, viele Eulenarten, unser Raubwild, das Raubzeug und manche Vogelarten. Sprechen Sie die Sprache der Tiere und die Jagd wird Sie mit jedem Erlebnis glücklicher und reicher machen.

Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)