Von Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)

Um es vorweg mit den Worten meines Sohnes Silvan zu sagen:

„Ein Eichenprozessionsspinner ist kein völlig durchgeknallter Pastor, der mit seiner Gemeinde die Fronleichnamsprozession unter den Eichen abhält, nein, es ist eine kleine fiese Raupe, die Papa mächtig geärgert hat.“

Es war im Jahre 2009, als ich von dieser haarigen Raupe für vierzehn Tage außer Gefecht gesetzt wurde. Oberkörper, Gesicht und Arme wurden von den Brennhärchen dieser kleinen Raupe verunstaltet. Ich saß mit der Kamera auf Steinmarder, Sauen und Rotwild an einer Schneise. Mein verschwitzter Körper wurde vom Wind angenehm abgekühlt, der aus einem Eichenjungwald die Haare des Eichenprozessionsspinners verfrachtete und auf den Schweiß meines Körpers klebte. Der Juckreiz wurde unerträglich und so flüchtete ich nach elf Tagen zum Arzt. Der stellte sofort die richtige Diagnose, bearbeitete mich mit Antibiotika und nach drei weiteren Tagen war der Spuk vorbei. Seitdem betrete ich verseuchte Gebiete nur noch mit hoch geschlossener Kleidung, einem Gesichtsschutz (Tarnmütze mit Gesichtsschleier) und Netzhandschuhen. Seitdem gibt es keinen Ärger mehr. Seitdem weiß ich den Eichenprozessionsspinner zu respektieren.

Diese kleine Raupe hat es in diesem Jahr zur erhöhten Aufmerksamkeit in allen Medien geschafft.  Die Falter sind unscheinbar, doch die Raupen haben es in sich. Sie setzen dem Eichenbestand in Wäldern und Parkanlagen zu. Ihre Brennhärchen können bei Menschen nicht nur zu Juckreiz und Hautausschlägen, sondern auch zu Atemnot führen.
Ende April, Anfang Mai schlüpfen die Plagegeister. Sie durchlaufen in neun bis zwölf Wochen, bis zur Verpuppung, fünf bis sechs verschiedene Larvenstadien. Dabei entwickeln sie im dritten die für den Menschen gefährlichen Härchen. Diese sogenannten Brennhaare wachsen auf dem Hinterleib der Falter. Ihr Giftstoff soll die Falter vor Vögeln und andere Fressfeinde schützen.

Voll ausgebildete Raupen besitzen etwa eine halbe Million solcher giftiger Brennhaare, die leicht abbrechen und vom Wind verfrachtet werden. Zudem bleiben viele Härchen in den Gespinsten an den Ästen und an den Baumstämmen zurück in denen die Raupen sich häuten.
Die Raupen verpuppen sich ab Ende Juni. Ihre Brennhärchen bleiben aber weiterhin als drohende Gefahr erhalten.“
Sie bauen ab Juni Gespinstnester in Astgabeln und an Stämmen von Eichen.

Diese Gespinstnester werden tagsüber aufgesucht. Sie bieten ihnen ausreichenden Schutz. In der Abenddämmerung wandern die Raupen prozessionsartig in Kolonnen, Kopf an Schwanz, den Stamm des Baumes hinauf. In den Kronen beginnen sie ihr gefräßiges Werk.
Befallene Bäume werden sehr geschwächt. Sie können kahl gefressen werden. Bei mehrmaligem Befall können sie auch absterben. Im Frühlicht wandern die Raupen in gleicher Art wieder in ihre Gespinstnester zurück.

Hier Tipps vom Arzt: Bekannte Gebiete mit Eichenprozessionsspinner sollten gemieden werden. Entdeckte Gespinste sollen umgehend der Gemeinde gemeldet werden. Auf keinen Fall darf man Gespinstnester berühren. Kleidung und Schuhe sollten gewechselt werden, um die Härchen, die bis zu zehn Jahre überleben können, nicht mit ins Haus zu nehmen. Unbedingt duschen und Haare waschen. Zudem sollte man Kinder vor der Gefahr warnen und auch seine Hunde Duschen.
Befallen werden alle drei hier bekannten Eichenarten, Stiel-, Trauben- und Roteichen.

In NRW wurden noch vor wenigen Jahren die Eichenprozessionsspinner vom Hubschrauber aus mit Gift bekämpft. Da diese Bekämpfung auch übrige Insekten abtötet, wird nunmehr ein anderer Weg beschritten. Gemeldete Nester in der Nähe von Kindergärten oder in Parkanlagen, werden von Spezialfirmen abgesaugt und die Rinde darunter abgeflammt. Dabei tragen die Mitarbeiter der Firmen Schutzkleidung mit Atem- und Gesichtsschutz. Der Einsatz von Hubsteigern ist erforderlich. Und so belaufen sich die Kosten zur Beseitigung eines Gespinstes auf 175 – 450 €.

Diese immensen Kosten sind auf Dauer sicherlich kaum aufzubringen und so sehen alle Naturschützer die zunehmende Ausbreitung des Falters mit großer Sorge.

Waldbesitzer sichern sich schon jetzt mit Warnschildern gegen Regressforderungen prozessfreudiger Waldbesucher ab.

Übrigens: Den Eichenprozessionsspinner gab es schon immer. Explosionsartig vermehrt hat er sich erst in den vergangenen fünfzehn Jahren. Offensichtlich bekommen ihm die vermehrten heißen Sommer besonders gut.

Quelle: Gefräßige und gefährliche Raupen: Eichenprozessionsspinner breiten sich weiter aus\Wissen\Themen\BR.de