105 Jahre für Halterns Natur: Der Natur- und Vogelschutzverein Haltern und Umgebung

Geflecktes Knabenkraut

Im Rahmen eines Blickes über den jagdlichen Tellerrand möchte ich Ihnen einen kleinen, aber feinen, örtlichen Verein vorstellen, der nunmehr seit 105 Jahren aktiven Natur- und Heimatschutz betreibt und das mit großem Erfolg. Er soll hier ein Beispiel geben für örtlichen Naturschutz, soll zeigen wie man vorgeht und wie man ihn mit Erfolg betreibt.

Die Vorstellung der einzelnen Projekte erfolgt jeweils in den kommenden Ausgaben.

Die Stadt Haltern am See liegt in NRW, am Nordrand des Ruhrgebietes und am Südrand des Münsterlandes. Sie besitzt einen riesigen Wasserspeicher, bestehend aus dem Halterner Stausee und dem Hullerner See. Beide sind ein Stück Natur aus zweiter Hand. Der Wasserspeicher, der Halterner See, beliefert das nördliche Ruhrgebiet mit Trinkwasser. Er wurde in den Jahren 1927 – 1930 geschaffen. Der Hullerner See entstand in den Jahren 1973 – 1985 durch Aussandung. Er ist ein Vorspeicher für die Trinkwassergewinnung.
„Die Geburtsstunde des Natur und Vogelschutzvereins lag im Jahre 1913. Vom Bergbau beeinflusst, beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Kanarienzucht. Kanarienvögel waren als „Frühwarnsystem“ für austretendes Grubengas die damalige Lebensversicherung der Bergleute. Erst in späterer Zeit wurde ein neuer Schwerpunkt auf den Schutz der frei lebenden heimischen Vogelwelt gelegt. Gleichwohl nannte sich der Verein von Anfang an Kanarien- und Vogelschutzverein.“

Heute beschäftigt er sich mit dem Schutz der Natur und der Umwelt. Viele Kleinode der Stadt sind nur ihm zu verdanken. Mit einer Kindergruppe, einer Nistkastengruppe, der Zusammenarbeit mit Schulen, mit Berichten in der örtlichen Presse und vieles mehr versucht der Verein das Natur- und Umweltbewusstsein der Bevölkerung zu stärken und die Bürger der Stadt für den Naturschutz zu gewinnen.

Der Verein zählt im Moment ca. 200 Mitglieder, von denen nur ein kleiner Teil, wie in allen Vereinen, wirklich aktiv ist.

Bernemanns Wiese

Geflecktes Knabenkraut

Geflecktes Knabenkraut

Das Projekt,  mit dem vorgenannten Namen, soll ihnen in diesem Heft vorgestellt werden. Es handelt sich bei dieser Wiese um ein 850 m² großes Grundstück der Stadt Haltern am See, einem nunmehr „Geschützten Landschaftsbestandteil“. Dieses Grundstück wurde in der Vergangenheit landwirtschaftlich intensiv genutzt.

Von Mai bis Ende Juni findet man hier eine wunderschöne Blumenwiese, wie es sie in unserem Bereich nicht mehr gibt. Herausragende Art in diesem bunten Blütenteppich, ist das gefleckte Knabenkraut, das es in wildwachender Form im Bereich Halterns nur an zwei Stellen gibt.

Der Vogelschutzverein pachtete die Fläche von der Stadt Haltern am See und pflegt sie seit dem Jahre 1982. Der damalige Vorsitzende des Vereins, Dr. Paul Bernemann, erinnerte sich, dass an dieser Stelle früher das seltene gefleckte Knabenkraut zu Hause war. Die ständige Düngung des Grundstückes durch intensive landwirtschaftliche Nutzung hatte das Knabenkraut bis zum Ausbleiben zurückgedrängt. Daraus entwickelte sich die Idee zu diesem Projekt. Der Verein stellte ein Pflegekonzept auf. Das Ausmagern der Fläche sollte durch Mahd und Abtransport des Mähgutes erfolgen, um so den Nährstoffüberschuss zu beseitigen.
Damit konnte die für die Pflanze lebenswichtige Mykorrhiza-Pilzflora wieder erstarken.

Das Konzept ging auf. Im Jahre 1990 blühten die ersten drei Pflanzen des gefleckten Knabenkrautes. Diese Zahl der blühenden Orchideen hat sich bis zur letzten mir bekannten Zählung, aus dem Jahre 2016, auf ca. 2000 Stück erhöht. Wenn das kein Erfolg ist.

Mittlerweile hat die Stadt Haltern am See dem Verein die unmittelbar anschließende ca. 1 Morgen große Ackerfläche zur Pflege und Entwicklung zur Verfügung gestellt. Eine artenreiche Magerwiese, nach dem Vorbild der vorhandenen Orchideenwiese, soll geschaffen werden.

Das Ausmagern erfolgt durch Abtransport des vorhandenen Mähgutes. Das Mähgut der bestehenden Orchideenwiese wird, nach der Samenreife, seit dem Jahre 2007 auf dem neuen Grundstück ausgebracht. Man hofft so auf eine Ansiedlung der herrlichen Orchidee.

Der nordöstliche Teil des Grundstückes wurde mit einer Eichenreihe und einer fünfzeiligen artenreichen Hecke abgepflanzt. Kopfweiden trennen die vorhandene Orchideenwiese von der Zufahrt zum Hause eines Anwohners.

All das konnte der Verein aus eigener Kraft nicht stemmen. Es mussten Sponsoren her, die die nötigen finanziellen Mittel für den Erwerb der Bäume und Sträucher zur Verfügung stellten. In diesem Fall konnte die Firma Fielmann AG, Niederlassung Haltern, als Sponsor für diese Aufgabe gewonnen werden.

Die anfallenden Pflanz- und Pflegearbeiten werden und wurden von den Mitgliedern des Vereins ausgeführt. Für den Schnitt der Wiese, nach der Samenreife, konnte ein Landwirt gewonnen werden. Er darf dafür im begrenzten Maße Dünger einbringen. Das hilft beiden Seiten.
Die örtliche Landwirtschaft wurde damit in dieses Projekt eingebunden. Die Eichen müssen freigeschnitten, die Hecke gepflegt und die Kopfweiden regelmäßig zurückgeschnitten werden. Aber es lohnt sich.
Eine alljährliche Blütenpracht ist der Dank für diesen tatkräftigen Naturschutz.

Das Projekt „Bernemanns Wiese“ benötigte eine Idee aus der ein Ziel erwuchs. Der Weg dahin wurde beharrlich  verfolgt. Es wurde geplant und ein Sponsor gewonnen. Die anfallenden Pflegearbeiten sollten zu einer möglichst geringen Belastung der Mitglieder führen. Daher wurde ein Landwirt ins Boot geholt. Seine Hilfe erleichterte die anfallenden Arbeiten.
Viel Geduld und ein langer Atem wurden erforderlich. Die Stadt Haltern am See und ihre Bevölkerung erhielten so ein Kleinod zurück, das seines Gleichen sucht.
Überlegen Sie einmal, liebe Leser, ob sich auch in ihrem Heimatort ein Stück Naturschutz dieser Art verwirklichen ließe. Nehmen sie Kontakt mit örtlichen Naturschutzgruppen auf und pflegen sie mit ihnen eine gute Nachbarschaft.  Eine Möglichkeit der Zusammenarbeit zum Wohle der Natur ergibt sich sicherlich. Ihre Kinder werden es ihnen danken.

Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)

Quelle: „Ein Jahrhundert für Halterns Natur“