105 Jahre für Halterns Natur (3. Teil)

Der Natur- und Vogelschutzverein Haltern und Umgebung e.V. von 1913

Von Gerd Tersluisen (Hegering Gladbeck)

Die warme Luft wabert über den Moosbülten. Betörend und gleichzeitig beruhigend wirkt der allgegenwärtige Kiefernduft.
Ich sitze, an eine Kiefer gelehnt, am Rande eines Moores, eines Teils der WASAG-Moore in Haltern und fühle mich froh und glücklich.
Schon als Junge erlaubte ich mir Träumereien in Wald und Feld. Ich ließ, in Wiesen liegend, die weißen Wolken durch das Himmelsblau ziehen, die Lerche singend in den Himmel steigen, die vielen Insekten summend ihren Geschäften nachgehen, erfreute mich an den sich im Wind wiegenden Blumen und war einfach nur glücklich. Auch heute, im Alter, ist es so geblieben. Wald, Feld und die Größe der Schöpfung wirken beruhigend auf mich und machen mich zufrieden. – Ja, es ist eine Lust zu leben. Ich bin dankbar dafür.

Über mir und in den Kiefern neben mir hängen, sauber ausgerichtet und nummeriert, einige Sommerruhekästen für Fledermäuse. Vor mir blinkt schwarzes Wasser zwischen grünen Torfmoosbülten, Gräsern und einzelnen Schilfpartien. Überall ragen die Fruchtstände dreier Arten des Wollgrases aus den Bülten und wiegen ihre Köpfe sacht im schwachen Wind. Auf der dunklen Wasserfläche  leuchten einige Blüten der weißen Seerose und in allen Wassern lärmen die Grasfrösche.
Schon auf dem Hinweg vernahm ich das gewaltige Froschkonzert, das hin und wieder unterbrochen wurde, um nach wenigen Minuten umso lauter zu erschallen. Ja, die Poggen fühlen sich wohl in Gesellschaft. Und wenn sie nicht gestört werden, plärren und quaken sie ununterbrochen. Das kennen wir doch auch aus dem menschlichen Bereich, oder?
In den Randbereichen der 16 Einzelgewässer, finden wir die Glocken- und die Besenheide, die Moosbeere und das Braune Schnabelried, den Mittleren und den Rundblättrigen Sonnentau. Und dann sind dort noch die Libellen. Pfeilschnell jagen sie über die Wasserflächen. Sie greifen Mücken, oder sind auf Partnersuche. – Wunder der Natur. – Drei bis fünf Jahre leben sie als räuberische Larven im Wasser, um für vier oder fünf Wochen ihr Hochzeitskleid anzulegen und den Stafettenstab des Lebens weiter zu geben.
Dass ich hier dieses Moor und seine Lebewesen erleben kann, ist wiederum maßgeblich auf die Mitwirkung des Natur- und Vogelschutzvereins zurückzuführen.
Der Grundstückeigentümer, die WASAG-Chemie, plante im Jahre 2004 auf ihrem Gelände in großen Mengen Quarzsande abzubauen. Das brachte den Natur- und Vogelschutzverein Haltern und die Naturschutzgruppe des Heimatvereins Sythen  dazu, den aktuellen Zustand der Moore zu erfassen, ein Naturschutzziel zu formulieren und ein Entwicklungskonzept für das gesamte Gebiet zu erarbeiten.

„Mit Unterstützung des Grundstückseigentümers, der WASAG Sythen Grund, wurde die Umsetzung des Pflege- und Entwickelungsplanes in Angriff genommen und zu erfreulichen Ergebnissen geführt. In mehreren tausend Arbeitsstunden konnte das Stauziel einiger Wasserflächen neu geregelt werden. Von den randständigen Kiefern, die dem Moor in erheblichen Maße das Wasser entzogen, wurde ein Großteil entfernt. Die Rohhumusschichten der Randbereiche wurden mit dem Bagger geschält, damit noch im Boden liegendes keimfähiges Saatgut einer längst vergangenen Flora wieder aktiviert werden konnte. Teilbereiche der so geschälten relativ trockenen Zonen wurden mit Heideheu aus der Westruper Heide (siehe Der Wildhüter 2018/4) abgedeckt. Bis 2007 entstand in diesen Bereichen in sehr dichtem Aufwuchs eine junge Besenheide neben dem Rundblättrigen und dem Mittleren Sonnentau. Seit dem Jahre 2008 setzte sich auf den so behandelten Flächen in immer stärkerem Maße die Glockenheide aus der Saatgutbevorratung im Boden durch. Ebenfalls in der Vegetationsperiode setzte auf abgeschobenen Flächen die Ausbreitung des Scheidigen Wollgrases ein. Im Jahre 2011 wurde erstmalig im Bereich dieser Rohbodenzonen das Braune Schnabelried an drei verschiedenen Stellen nachgewiesen. Das Jahr hindurch lassen sich im Gebiet, ohne große Mühe, rund fünfzehn verschiedene Libellenarten beobachten, darunter die Nordische Moosjungfer und die Kleine Binsenjungfer. Drei, auf die besonderen Bedürfnisse der heimischen Libellenarten zugeschnittene Kleingewässer wurden angelegt.
Ziel der Arbeiten des Vereins ist es, dieses Kleinod zu erhalten und die erforderlichen Pflege- und Entwickelungsarbeiten in Zusammenarbeit mit dem Grundstücksbesitzer, dem Planungsbüro „Pro Terra“, der Naturschutzgruppe des Heimatvereins Sythen und dem Vestischen Umweltzentrum des Kreises Recklinghausen, mit Augenmaß kontinuierlich weiterzuführen.“

Ihnen, liebe Leser, soll auch dieser Bericht Anregung sein, ähnliche Projekte in ihrer Heimat tatkräftig zu unterstützen oder selbst durchzuführen.
Es gilt, unsere Natur und Umwelt nicht weiterhin zu Tode zu nutzen, sondern möglichst intakt unseren Kindern zu übergeben. Wir sollten stets daran denken, dass wir nur Gast auf unserem blauen Planeten sind und uns daher auch wie ein Gast benehmen. Quelle: Ein Jahrhundert für Halterns Natur 1913-2013 (Der Natur- und Vogelschutzverein zu seinem Jubiläum)